© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/05 22. April 2005

Marie-Luise Lewicki
Mutter der Eltern
von Ellen Kositza

Schön, daß endlich über Familienpolitik geredet wird, findet Marie-Luise Lewicki. Letzte Woche tat Bundeskanzler Schröder endlich einmal das, was die Chefredakteurin der Zeitschrift Eltern Monat für Monat fordert. Allein die Gründe für das Interesse der Politik greifen Frau Lewicki meist zu kurz: nicht nur um fehlende Konsumenten, Steuer- und Rentenzahler dürfe es gehen. Gemeinsam mit der DAK und dem Autohersteller Ford begründete Lewickis Mannschaft deshalb die Initiative "Mehr Kinder. Mehr Leben". Parallel zu den beauftragten Meinungsforschungsinstituten Forsa und Allensbach verteilte man eine Million Fragebögen, um das "Kinderklima" bundesweit zu ergründen.

Sowohl die pekuniären Aspekte des Familienlebens als auch fehlende Betreuungsangebote sind demnach weit weniger gewichtig, als es die gängige Rede über Kindermangel behauptet. Unter Verweis auf die 749 Euro, die von der Regierung in Deutschland pro Einwohner derzeit für Kinder und Familie ausgegeben werden - im familienpolitisch hochgelobten Frankreich sind es nur 658 Euro - kann Lewicki mit einigem Recht von einer bloß "gefühlten Nichtförderung" sprechen. Vielmehr sei es, neben dem Fehlen eines "geeigneten" Partners, die kinderfeindliche Atmosphäre, die Eltern von (weiterem) Nachwuchs absehen lassen. "Es ist in Deutschland nicht sexy, Kinder zu haben", so Lewicki. Was zunächst als eine unpassende Attributierung der Gebärunlust erscheint, trifft den Nagel jedoch auf den Kopf: Kinder - und damit auch deren Mütter und Väter - leiden hierzulande an einem Imageproblem. Die grassierende Berichterstattung über Verelendungsszenarien und "horrorartige Sozialfälle für Supernannies" (Lewicki) tue ein übriges.

In einem offenen Brief an Familienministerin Renate Schmidt allerdings hatte die Chefredakteurin im vergangenen Jahr die Gründe für den Geburtenmangel noch woanders gesucht: Es seien mit Deutschland, Österreich, Italien und Spanien nicht von ungefähr die Länder mit "faschistischer Vergangenheit", die aufgrund einer "Gute-Mutter-Nostalgie" Kinder nicht mit Erwerbstätigkeit vereinbaren wollten und daher mit ihrer Fertilität am unteren Ende der weltweiten Geburtenskala rangierten. Eine gewagte These, die - obgleich vielzitiert - genauere Analyse vermissen läßt.

Bevor die 45jährige Marie-Luise Lewicki 1990 bei Eltern unter Vertrag kam, arbeitete sie unter anderem für Freundin, Quick und die Abendpost/Nachtausgabe. Seit 1995 leitet Lewicki Eltern, seit 1996 mit Eltern for family (Eff) auch das (altersmäßige) Nachfolgeheft, das die Sorgen und Freuden im Zusammenleben mit Kindern bis zum Jugendalter thematisiert. Anhaltend steigende Auflagenzahlen - rund 380.000 bei Eltern, 167.000 bei Eff, mit einer zehnprozentigen Steigerung 2004 - zeigen deutlich den Bedarf, Kinder als Interessenmittelpunkt zu betrachten.


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