© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/05 15. April 2005

Meldungen

Trizonale Zukunft des alten Kontinents

BERLIN. Das mit fundierten Beiträgen über die Ukraine und Moldawien aufwartende, auch den jüngsten Streit um das Recht am geistigen Erbe des bosnisch-serbischen Literatur-Nobelpreisträgers Ivo Andric bedenkende Februar-Heft von Osteuropa dürfte vor allem wegen seines Leitaufsatzes Beachtung verdienen. Der Politologe Heinz Theisen, der an der Kölner Katholischen Fachhochschule lehrt, widmet sich darin der "kulturellen Erweiterung" der EU nach Osten und - "in den islamischen Raum". Skeptisch blickt Theisen auf Gedankenspiele postmoderner Kosmopoliten wie Ulrich Beck und Claus Leggewie, die den "identitären Bundesstaat" Europa durch eine "weltoffene Netzwerkgesellschaft" ersetzen, mit der sich auch EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen schon angefreundet hatte, als er für die "Baustelle Europa" warb. Die Diffamierung des "Identitären" richtet sich gegen kulturell definierte Gemeinsamkeiten, die "variablen" Grenzen im Wege stünden. Theisen stellt hingegen die Frage nach den Grenzen westlicher Kultur. Die seien dort, wo es kein Verständnis für "Vielfalt und Offenheit" freiheitlich-rechtsstaatlicher europäischer Kultur gebe. Wo sie genau liegen, wagt er nicht zu definieren. Hilfsweise schlägt er die Abzirkelung von "Integrations-, Assoziations- und Kooperationskreisen" vor: Kern-, Rand- und Nicht-Europa. Wohin die Türkei gehört, läßt Theisen den Leser raten.

 

Bayerns neue Elitestudenten

MÜNCHEN. Auf Drängen der CSU-Landesregierung sind an den Universitäten München und Regensburg im letzten Wintersemester 15 viersemestrige Elitestudiengänge etabliert worden 
( www.elitennetzwerk-bayern.de ). Mit 14 Millionen Euro fördern das Land und die Wirtschaft dieses Experiment. Den größten Anteil haben daran natürlich die "nützlichen" Natur- und Wirtschaftswissenschaften. Wie ein Exot nimmt sich daher Professor Martin Schulze Wessel aus, der in dieser Gesellschaft seine "Osteuropastudien" unterbringen konnte. Einem Erfahrungsbericht zufolge (Deutsche Universitäts-Zeitung, 3/2005) sogar erfolgreich, da noch keiner der 25 handverlesenen Studenten wegen mangelnden Fleißes im zweijährigen Studium mit Sommerschulen, Praktika etc. zum "individuellen Gespräch" mit dem Dozenten gebeten wurde. Auch bei Schulze Wessel spielen indes ökonomische Erwägungen zumindest eine Nebenrolle. So fanden die wichtigen Wirtschaftsbeziehungen Bayerns zu Tschechiens in der Schwerpunktplanung des Studienganges Berücksichtigung.

 

Erste Sätze

Am Rande des großen Moores, das die Leute "das struppige Filz" heißen, siedelt der rote Schinder.

Hans Watzlik: Dämmervolk, Spukhafte Erzählungen, Leipzig 1928


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