© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/05 15. April 2005

Die Woche
"Sternstunden" der Vertreiber
Fritz Schenk

Der Nachhall der Beisetzungsfeierlichkeiten für Papst Johannes Paul II. ist noch immer außergewöhnlich. Noch nie hatte es das gegeben, daß so viele Menschen aus unterschiedlichsten Staaten, Glaubensrichtungen, Ämtern, Organisationen, aber mehr noch einfach nur sogenannte "Durchschnittsbürger" und vor allem junge Menschen, ein Oberhaupt der katholischen Kirche auf seinem letzten irdischen Weg begleitet haben!

Sie reisten nach Rom aus allen Richtungen der Erde, aus freien Stücken, auf eigene Kosten, nahmen Nächte unter freiem, kalten Aprilhimmel, einfachste Beköstigung, primitivste sanitäre Einrichtungen in Kauf, standen stundenlang in Warteschlangen, die meisten vergebens, weil sie nicht mehr in den endlosen Zug zum Sarg des Heiligen Vaters eingereiht werden konnten, hielten Ruhe und Ordnung, klagten nicht, bekundeten den überall präsenten Fernsehteams ihre Freude, dabeigewesen zu sein, ließen ihren Tränen freien Lauf ob des Todes des von ihnen über alle Maßen geliebten und verehrten obersten Hirten seiner Kirche.

Weitere Hunderte von Millionen verfolgten das Ereignis an den Fernsehgeräten. Die Einschaltquoten sollen stundenweise die von herausgehobenen Sportereignissen überschritten haben. Wer noch in sich gehen kann und wem Gefühle noch etwas bedeuten, wurde unweigerlich in den Bann dieses einmaligen Abschiednehmens gezogen.

Aber das deutsche Fernsehen - und zwar quer über öffentlich-rechtliche wie private Sender hinweg - wäre nicht, was es ist, wenn es nicht bemüht gewesen wäre, Essig in den Wein des allgemeinen Gedenkens zu gießen. Und so lieferte es denn gewissermaßen das Gegenprogramm zur Verehrung dieses bedeutenden Papstes. Es präsentierte in seinen Sendungen vor allem jene Nörgler und Quertreiber, die dem Verstorbenen die Leviten lasen und auf die vielen "Versäumnisse" seines Pontifikats hinwiesen: Hans Küng, Heiner Geißler, der ewig nörgelnde und nölende Eugen Drewermann, Gregor Gysi und Michel Friedman waren dabei, hätte nur noch Egon Krenz gefehlt, um seine Bankrottideologie des dialektischen und historischen Materialismus an den Mann zu bringen.

Ausgerechnet sie und ihr dem Zeitgeist und der Political Correctness verschworener Anhang fühlten sich berufen, dem großen Verstorbenen Steine statt Blumen auf den Sarg zu werfen. Die eigentlichen Vertreiber der Millionen aus den Kirchen und (vor allem christlichen) Parteien, von den Wahlurnen und aus den mitmenschlichen Diensten in den öffentlichen Einrichtungen, ausgerechnet jene, die nicht begreifen können oder wollen, was die Menschen wirklich bewegt und warum die Millionen um einen Papst trauern, der uns Irdischen wieder und wieder das Evangelium und die christlichen Gebote unter die Nase gerieben hatte, schwadronierten über das, was nach ihrer unmaßgeblichen Meinung passieren müsse, um den christlichen Kirchen wieder auf die Sprünge zu helfen.

Doch gemach: Das Todesgedenken für diesen Papst und der Nachhall des Wirkens und der Leistung von Johannes Paul II. waren und sind so überwältigend, daß sich die Nörgler selber ad absurdum geführt haben. Wenn die wahrnehmbaren Signale aus dem Millionenpilgerstrom der vergangenen Woche nicht trügen, wächst eine Jugend heran, die der Political Correctness den Rücken kehrt.


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