© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/05 08. April 2005

Frisch gepresst

Stalins Henker. Wer mit atemloser Spannung und in einem Zug Alexander Solschenizyns dreibändigen "Archipel Gulag" gelesen hat, wird kaum glauben, es könnte ihm noch ein besserer Einblick in das Herrschaftssystems Lenins und Stalins vermittelt werden. Trotzdem haben gerade angelsächsische Autoren wie Robert Conquest, Michael Parish oder Robert W. Thurston immer wieder ihren Ehrgeiz darin gesetzt, den russischen Nobelpreisträger zu übertreffen. In diesen Wochen versucht auch Klaus Kleemann sich hier mit einem dickleibigen Porträt "Kobas" einzureihen. Es ist um dieses Forschungsfeld also wahrlich nicht schlecht bestellt. Ungeachtet dessen kann man das Werk des an der Universität London lehrenden Osteuropahistorikers Donald Rayfield über "Stalin und seine Henker" (Karl Blessing Verlag, München 2004, 618 Seiten, Abbildungen, 25 Euro) mit Nachdruck empfehlen. Vor allem Rayfields Detailwissen um die Unterwelt-Charaktere, die "roten Täter", die in Stalins Terrorregime als GPU-Schergen die "Arbeit" erledigten, scheint schier unerschöpflich. Was nicht verhindert, daß europäische Intellektuelle auch nach der Lektüre noch vom "emanzipatorischen Potential" des Kommunismus schwätzen werden.

Zweiter Weltkrieg. Wie schon mit dem im letzten Jahr auf deutsch präsentierten Buch über den Ersten Weltkrieg legt der britische Militärhistoriker H.P. Willmott mit dem ganz im Stile anglo-amerikanischer "coffee-table books" gestalteten Werk über die blutigen letzten sechs Jahre des jüngsten Dreißigjährigen Krieges wiederum ein monumentales Glanzstück vor. Obwohl die Schwerpunkte naturgemäß eher die alliierte Perspektive des Kriegsverlaufs widerspiegeln und bezüglich der mittel- und osteuropäischen Analyse auch Lücken offenbaren, halten sich Willmott und seine Kollegen, der Journalist Robin Cross und der Militär Charles Messenger, in erfrischender Weise mit der in Deutschland mittlerweile gängigen Praxis zurück, moralische Bewertungen gegenüber der Präsentation von Fakten überwiegen zu lassen. Neben der ansprechenden optischen Gestaltung spricht für das Buch auch, daß die Autoren sich bemühen, bei kontroversen Deutungen ebendieser Fakten die Streitpunkte unter den Historikern stichpunktartig zu benennen (Der Zweite Weltkrieg. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2005, 319 Seiten, gebundenes Großformat, Abbildungen, 39 Euro).


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen