© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/05 01. April 2005

Armutszeugnis für die Freiheit
DVA kündigt Rolf Hochhuth
Thorsten Thaler

Am Ende scheint ihm alles Entschuldigen und Bedauern nicht zu helfen: Die Deutsche Verlags-Anstalt (DVA) will dabei bleiben, einen geplanten Band mit autobiographischen Schriften des Dramatikers Rolf Hochhuth nach dessen Interview in dieser Zeitung (JF 08/05 vom 18. Februar) nicht zu veröffentlichen. Der Vertrag über das Buch sei zurückgezogen worden, bestätigte Mittwoch voriger Woche der Verlag.

Stein des Anstoßes ist Hochhuths Aussage in dem Interview, es sei "idiotisch", den englischen Historiker David Irving einen Holocaust-Leugner zu nennen. Dafür hatte sich der Schriftsteller nach großen öffentlichem Druck entschuldigt (JF 11/05).

Mit seinen Äußerungen habe Hochhuth "eigentlich diejenigen, die Irving als Holocaust-Leugner bezeichnen, selber der Verleumdung geziehen", hatte DVA-Chef Jürgen Horbach im Zuge der Kampagne gegen den Schriftsteller bereits vor drei Wochen im ARD-Kulturmagazin "Titel, Tesen, Temperamente" gesagt. Hochhuth könne nicht in einem Verlag veröffentlichen, so Horbach, der selber "sehr viele jüdische Autoren im Programm hat".

Erscheinen sollte das Buch mit Anekdoten und Aphorismen Hochhuths anläßlich seines 75. Geburtstages am 1. April nächsten Jahres. Daraus scheint nun nichts mehr zu werden. Dem Vernehmen nach beruft sich Verlagsleiter Horbach bei seiner Ablehnung zum Beispiel auf den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, der seit Jahren bei DVA publiziert.

Hochhuth selbst besteht unterdessen auf Vertragserfüllung. Auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT teilte er mit, einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt zu haben. Ob er sich durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Wahrscheinlicher jedoch ist, daß die Neue Zürcher Zeitung recht behält mit ihrer Einschätzung, wonach das Finale der Causa Hochhuth der Liberalität in Deutschland "ein Armutszeugnis" ausstellt.


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