© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/05 25. März 2005

Wochenzeitung für Österreich: Andreas Mölzers "Zur Zeit"
Zeitung im Sperrfeuer
Curd-Torsten Weick

Zur Zeit ist die Zur Zeit auf allen österreichischen Kanälen präsent. Unser Wiener Schwesterblatt und mit ihm vor allem sein Chefredakteur und Mit-Herausgeber Andreas Mölzer sind in aller Munde. Wie bereits berichtet, stand der EU-Abgeordnete aufgrund seiner oftmals vorgetragenen Kritik an der Ausrichtung der freiheitlichen Regierungspolitik schon lange auf der schwarzen Liste der blauen Parteiführung. Nun ist das Faß übergelaufen, und Mölzer wurde aus der FPÖ-Kärnten, in der er knapp dreißig Jahre lang Mitglied war, ausgeschlossen. Begründung: "Wiederholtes parteischädigendes Verhalten."

Der FPÖ auf dem Weg zum Wiederaufstieg behilflich sein

Konkret festgemacht wird dieses angeblich "parteischädigende Verhalten" an einer der letzten Ausgaben der Zur Zeit (ZZ 9/2005) mit dem Titel: "Wo bleibt die dritte Kraft?" Hier stellte der Chefredakteur essentielle Fragen, gab zugleich die Antworten und meinte im Anschluß dazu: "Eine gewiß schonungslose und ehrliche wie sehr kritische Analyse, die aber doch im akademischen Ton vorgebracht wurde. Eine Analyse, die deklariertermaßen zum Ziel hat, der freiheitlichen Partei auf dem Weg zur Selbstfindung und damit zum Wiederaufstieg behilflich zu sein."

Diesen Weg der Selbstfindung wollen die Männer und Frauen um Jörg Haider nicht gehen, und so erklären sie Andreas Mölzer mitsamt der Zur Zeit zu Ausgestoßenen. Dabei wird klar, daß zwischen der Person Mölzer und der Zur Zeit nicht groß unterschieden wird. Parallel hierzu ist zu kanstatieren, daß die sich selbst als parteiunabhängig bezeichnende Wochenzeitung nicht nur von Außenstehenden als FPÖ-nahe Zeitung gesehen wird - gerierte sie sich seit ihrer Gründung im Oktober 1997 trotz kritischer Distanz eben doch zumeist als ideologischer Begleiter der Haider-FPÖ. Mit Übernahme der Regierungsverantwortung der FPÖ im Jahre 2000 änderte sich die Situation zusehends. Sie gipfelte im Jahr 2004 darin, daß der Publizist und FPÖ-Politiker Andreas Mölzer mit 100prozentiger Unterstützung der Zur Zeit den von der Parteiführung für das EU-Parlament nominierten Hans Kronberger mit 22.000 "Mölzer"-Stimmen (die Zur Zeit hat eine Druckauflage von 22.000 Exemplaren) von Platz eins der FPÖ-Liste verdrängte und das EU-Mandat errang. Er habe die FPÖ-Kernwähler mit nationalen Werten angesprochen - ein Bekenntnis, das für die gesamte FPÖ gelten sollte, erklärte Mölzer und setzte seine konsequente publizistische Arbeit in der Zur Zeit fort.

Nun gilt der frühere Vordenker der Freiheitlichen als "Parteischädiger" und ist ungehalten über seine parteiinternen Kritiker: "Erstens kann es nicht sein, daß einem politischen Publizisten der Beruf von einer Partei verboten wird. Zweitens kann eine Partei, die sich freiheitlich nennt, nicht die freie Meinungsäußerung einschränken ... Noch weniger kann sein, daß eine parteiunabhängige Zeitung wie Zur Zeit nicht berichten darf."

Spätestens zu diesem Zeitpunkt tritt die schwierige und zugleich interessante Balance zutage, die sich zwischen FPÖ-Mitgliedschaft, eingeforderter Parteidisziplin und reger kritisch-publizistischer Tätigkeit zu arrangieren versucht. Mittendrin die Zur Zeit.

Die Wochenzeitung wurde im Oktober 1997 von Andreas Mölzer, den Verlegern Herbert Fleissner und Wolfgang Dvorak-Stocker, einigen anderen bekannten österreichischen Persönlichkeiten und der JUNGEN FREIHEIT mit dem Ziel gegründet, eine eigene konservative Wochenzeitung für Österreich herauszugeben. Zuvor hatte man bereits über einen Zeitraum von zwei Jahren in Zusammenarbeit mit der JUNGEN FREIHEIT eine JF-Österreich-Ausgabe mit einigen Österreich-Seiten publiziert. Die Verbindungen blieben bestehen, doch gab man sich einen neuen einprägsamen Namen, und konservative Querdenker wie Carl Gustaf Ströhm, der ehemalige FAZ-Korrespondent Andreas Graf Razumovsky, der nationalliberale Historiker Lothar Höbelt, der Theologe Robert Prantner, der Journalist Fritz Sitte und die ZZ-Herausgeber Botschafter Johann Josef Dengler und Bundesrat John Gudenus gaben und geben sich ein Stelldichein.

Konsequentes Eintreten gegen die political correctness

Die Blattlinie war klar. Zur Zeit soll all jenen ein Forum bieten, die sich im "weitesten Sinne als konservativ, katholisch, nationalliberal" verstehen. Widersprüche blieben da nicht aus - und dennoch: Allen ZZ-lern "gemeinsam" ist laut Zur Zeit -Angaben das "konsequente Eintreten gegen die political correctness, gegen das Prinzip Heuchelei und gegen den linken Tugendterror, der mit der Faschismuskeule unabhängiges Denken und Publizieren verhindern möchte".

Wobei wir wieder beim Anfang wären. FPÖ-Fraktionschef Herbert Scheibner verteidigte den Parteiausschluß Mölzers als "ersten Schritt in Richtung Beruhigung". Doch muß er nur die nächsten Ausgaben der Zur Zeit zur Hand nehmen, um festzustellen, daß das "patriotische, heimatverbundene und national-freiheitliche Lager", das sich um die Zeitung versammelt hat, noch lange keine Ruhe geben wird. 

Weitere Informationen: Zur Zeit, Engelsberggasse 4, A-1030 Wien, Tel.: 00 43 / 1 / 7 12 10 57, E-Post: verlag@zurzeit.at , Internet: www.zurzeit.at  


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