© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/05 18. März 2005

Buschkowsky im Kreuzfeuer
Reaktionen auf JF-Interview: Kritik aus allen Parteien / CDU fordert Rücktritt / Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln entschuldigt sich
Marcus Schmidt

Das Interview der JUNGEN FREIHEIT (11/05) mit dem Berliner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) hat zu scharfen Angriffen auf den Politiker geführt. Sowohl von Vertretern der PDS und den Grünen als auch von CDU-Politikern wurde der Bürgermeister des Bezirkes Neukölln zum Rücktritt aufgefordert. Die Medien der Hauptstadt berichten seit dem Wochenende ausführlich über das Thema. Buschkowsky distanzierte sich mittlerweile von seinem JF-Interview und nannte es einen Fehler.

Die Kritik richtet sich sowohl gegen die Äußerungen Buschkowskys zur multikulturellen Gesellschaft als auch dagegen, daß er seine Haltung zu diesem Thema, die er zuvor schon mehrfach in anderen Zeitungen und Talk-Shows kundgetan hatte, nun auch in der JF geäußert hat. Die PDS-Abgeordnete im Berliner Abgeordnetenhaus Evrim Baba warf Buschkowsky im Berliner Tagesspiegel vor, er beschwöre Überfremdungsängste und führe eine Hetzkampagne. "Es ist ein Skandal, diesem Blatt ein Interview zu geben. Damit leistet Buschkowsky rechten Ideologien Vorschub", sagte die PDS-Politikerin, die in Frage stellte, ob Buschkowsky als Bezirksbürgermeister noch tragbar sei. SPD, PDS und Grüne sind in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in einer sogenannten Zählgemeinschaft, einer Art Regierungskoalition, miteinander verbunden

Heftige Kritik auch von der Union: Der CDU-Kreisvorsitzende von Neukölln, Wolfgang Branoner, sagte der Welt, der SPD-Politiker habe sich ins Abseits gestellt: "Ich fordere die SPD auf, ihren Bezirksbürgermeister aus dem Verkehr zu ziehen. Er schadet den Integrationsbemühungen in Berlin und Neukölln." Der Fraktionsvorsitzend der CDU in der BVV Neukölln, Lothar Tietz, sagte, es sei kaum zu glauben, daß ein Politiker, der bereits so lange im Geschäft ist, nicht gewußt habe , wo die JF einzuordnen sei. "Wir gehen davon aus, daß die SPD ihr Problem selbst im Sinne einer demokratischen Volkspartei löst", sagte Tietz.

Die beiden Landesvorsitzenden der Grünen, Almuth Tharan und Till Heyer-Stuffer, forderten ebenfalls den Rücktritt Buschkowskys. Sie vertraten die Ansicht, er habe "das Maß des Erträglichen überschritten" und "Hetzparolen gewählt, die an dunkle Zeiten erinnern und mit denen er den verfassungsrechtlich gebotenen Konsens des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der gegenseitigen Achtung vollkommen velassen hat". Sie bezogen sich dabei auf Buschkowskys Formulierung von der "Mafia der Gutmenschen" und die Äußerung, "Parallelgesellschaften müssen ausgetrocknet werden". Die Grünen warfen dem SPD-Politiker vor, für die von ihm beklagten Zustände mitverantwortlich zu sein. Er habe in seiner Amtszeit genügend Zeit gehabt, "Probleme, die im Zusammenleben verschiedener Kulturen entstehen, durch kommunalpolitische Schritte zu lösen".

Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagte der Welt, es sei "politisch völlig verkehrt", der JF ein Interview zu geben. Körting räumte allerdings ein, die JF überhaupt nicht zu lesen. Der SPD-Landesvorsitzende Michael Müller kündigte im Boulevard-Blatt B.Z an, "ein intensives Gespräch" mit Buschkowsky zu führen. Müller sagte, er habe kein Verständnis dafür, "daß man dieses Blatt" aufwerte.

Der Bezirksbürgermeister hat sich mehrfach für das Interview entschuldigt. Ihm sei ein schwer entschuldbarer Fehler unterlaufen, und er hoffe, daß seine Glaubwürdigkeit erhalten bleibe. Mit der Distanzierung von seinem Interview scheint Buschkowsky seine politischen Mitstreiter milde gestimmt zu haben. Von seiten der PDS und der Grünen kamen Anfang der Woche versöhnliche Töne. Die PDS fordert nun statt eines Amtsverzichtes von Buschkowsky lediglich eine persönliche Erklärung auf der nächsten Sitzung der BVV. 


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