© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/05 11. März 2005

Hofberichterstattung
Europäische Union: Die Kommission stößt sich an der Praxis der Gebührenfinanzierung deutscher Rundfunkanstalten
Frank Liebermann

Brüssel steht nicht immer für Vernunft. Der bürokratische Umverteilungskoloß quält die Bürger der Mitgliedsländer mit allerlei Regelungen, die häufig auf Unverständnis stoßen. Manchmal kommt es aber auch anders. Dann stellen die Euro-Bürokraten nationale Absonderlichkeiten in Frage. Das ist jetzt einmal mehr passiert.

Die EU ist der Auffassung, daß die Gebührenfinanzierung der Rundfunkanstalten in Deutschland gegen geltendes Recht verstößt. Vor allem der unklar formulierte Grundversorgungsanspruch stößt den Beamten auf. Die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes fordert zu Recht eine klare Definition und Trennung zwischen den öffentlich-rechtlichen und den kommerziellen Aktivitäten von ARD und ZDF. Quersubventionierungen kommerzieller Tätigkeiten durch Rundfunkgebühren führen zu einer Verzerrung des Wettbewerbs, argumentiert die EU-Behörde. Im Visier der Kommission stehen vor allem die Online- und Mobilfunkaktivitäten von ARD und ZDF. Aber auch andere Dinge sind fraglich. Gehören "Marienhof", "Brisant" oder "Monitor" tatsächlich zur Grundversorgung? Ganz zu schweigen von den 60 Radioprogrammen. Die Bürger können der Kommissarin nur danken. Von deutschen Politikern haben sie nichts zu erwarten, das Ritual der Gebührenerhöhung ist schließlich immer dasselbe. Einige Ministerpräsidenten begehren auf, und dann wird der zu hoch angesetzte Erhöhungsvorschlag der Rundfunkanstalten gedrückt. Verlierer dieses durchschaubaren Spiels ist der Bürger: Er bezahlt immer mehr GEZ-Abgaben.

Solange die herrschenden Parteien ihre Pfründe in den Sendern haben und das mit Hofberichterstattung gedankt bekommen, dürfte sich daran in naher Zukunft wenig ändern.


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