© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/05 11. März 2005

WIRTSCHAFT
Die Regierung als Strukturproblem
Bernd-Thomas Ramb

Ende Januar vermeldete die Bundesregierung über ihren Wirtschaftsminister ein bevorstehendes Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent. Schon damals erklärte der Chef des Sachverständigenrates zur Begutachtungen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Bert Rürup, die Konjunkturprognose der Bundesregierung für risikobehaftet: "Die 1,6 Prozent sind an der oberen Grenze des Realistischen". Anfang März kommt aus dem Bundesfinanzministerium die (erste) Korrektur nach unten. Nur noch 0,9 bis 1,2 Prozent Wirtschaftswachstum werden jetzt für dieses Jahr erwartet. Damit wird das einkalkulierte Steuereinnahmenvolumen der Haushaltspläne hinfällig.

Schon wird wieder der Ruf nach staatlichen Konjunkturprogrammen laut. Finanzminister Hans Eichel winkt ab, denn das würde dem Staatshaushalt ein zusätzliches Defizit bescheren. Bereits jetzt ist davon auszugehen, daß Deutschland auch 2005 die maximal erlaubte Neuverschuldung von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) abermals überschreiten wird. An rigide Ausgabenkürzungen wagt sich keiner heran, die Steuereinnahmen brechen weg, und das geringe Wachstum des BIP verschiebt die Meßlatte zusätzlich nach oben. Zudem glaubt auch bei den Sozialdemokraten, jedenfalls soweit sie in der Regierungsverantwortung stehen, niemand mehr an die Wirksamkeit von Konjunkturprogrammen.

Schließlich ist das mangelhafte Wirtschaftswachstum kein Konjunktur-, sondern ein Strukturproblem, dessen Lösung anderer Ansätze bedarf: Reformen, Entstaatlichung, Ausgabenkürzung. Die rot-grüne Koalition ist dazu einfach nicht in letzter Konsequenz bereit. Insofern ist die Bundesregierung selbst ein Strukturproblem.


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