© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/05 04. März 2005

Zersetzung der Moral
Familie in der Krise: Wichtige Ursache wird nicht diskutiert
Mathias von Gersdorff

In den letzten Monaten ist Familienpolitik wieder ein Modethema geworden. Man ist vor allem besorgt über die geringen Geburtenzahlen, da dies gravierende ökonomische Konsequenzen haben wird. Doch ist die Geburtenziffer auch deshalb so niedrig, weil immer weniger Ehen geschlossen werden und auch immer später. Noch dazu ist die Scheidungsquote enorm gestiegen.

Der fünfte Familienbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2000 zeigt zahlenmäßig den Verfall der Familie. Danach sank die Geburtenziffer von 2,37 im Jahre 1960 auf 1,25 im Jahre 1985. Die Ledigen-Quote stieg von 16,5 (1970) auf 24,5 (1985), und von einhundert Ehen wurden 1965 durchschnittlich 12,2 geschieden, 1989 waren es 30,1.

Die großen Parteien haben der Öffentlichkeit Lösungskonzepte präsentiert, die im wesentlichen darauf zielen, die ökonomischen Bedingungen für Familien zu verbessern. So schlägt Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) vor, die "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" zu verbessern. Nach ihrem Konzept soll es leichter für Frauen werden, Kinder zu haben, ohne auf ihren Beruf verzichten zu müssen, indem das Angebot an Kindertagesstätten und Ganztagsschulen erweitert werden soll.

Die CDU hat in der Vergangenheit statt dessen dafür plädiert, ein sehr großzügiges Kindergeld einzuführen. Die Idee ist, daß dann die Mütter nicht mehr arbeiten müssen. Das "Kinderkriegen" würde nach dem Konzept der CDU also subventioniert werden was zu höheren Geburtenzahlen führen soll. Mittlerweile aber hat die Union signalisiert, daß sie sich in Richtung SPD bewegen wird und stärker Konzepte zur "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" miteinbeziehen wird.

Beide Konzepte gehen von der Annahme aus, daß der wichtigste Grund für den Geburtenrückgang und die Krise der Familie überhaupt die wirtschaftlichen Probleme in Deutschland sind. In der Tat ist es notwendig, Lösungen zu suchen, um die finanzielle Situation von Familien zu verbessern. Insbesondere ist es wichtig, daß man die Familien steuerlich drastisch entlastet.

Doch damit allein ist es nicht getan. Ökonomische Faktoren sind nicht die wichtigste Ursache für die Krise der Familien und die schwachen Geburtenzahlen in Deutschland. Dagegen spricht schon die Tatsache, daß Deutschland immer noch eines der reichsten Länder der Welt ist. Und immer noch ist Deutschland wesentlich wohlhabender, als es vor einigen Jahrzehnten war, man denke bloß an die Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Geburtenzahlen sehr hoch waren.

Die wichtigste Ursache für die Krise der Familie und den Geburtenrückgang ist der moralische Verfall in Deutschland. Es ist kein Zufall, daß sich die Situation gerade seit dem Ende der 1960er Jahre so dramatisch verschlechtert hat. Zu dieser Zeit begann die sogenannte Achtundsechziger-Generation, die Familie systematisch als "Hort der Repression und des Despotismus" zu verunglimpfen, während man Alternativen zur Ehe, wie wilde Ehen, homosexuelle Partnerschaften oder die Freie Liebe als bessere "Partnerschaftsformen" zu loben und zu fördern. Letzter Höhepunkt in diesem Verfallsprozeß ist die Einführung der sogenannten Homo-Ehe, die schlichtweg eine Verspottung der traditionellen Ehe ist.

Damit einhergehend propagieren viele Medien eine Libertinage, die die moralischen Grundlagen für eine solide Ehe unterminieren: Jugendzeitschriften wie Bravo untergraben durch die vielen sexuell aufreizenden Fotos von Jugendlichen (unter anderem beim Geschlechtsverkehr) und die lasziven Texte, die nichts anderes im Sinn haben, als Kinder und Jugendliche in einen erotischen Rausch zu versetzen, die moralische Basis, die nötig ist, um ein normales Familienleben zu führen.

Die allgegenwärtige Pornographie zerstört nicht nur das Schamgefühl der Menschen, sondern auch jeden Sinn für Würde und Ehre. Jugendliche werden von der erotischen Werbung und der ständigen Sex-Präsenz im Fernsehen motiviert, so früh wie möglich "alles auszuprobieren", wodurch viele den Sinn und die Bedeutung der Geschlechtskraft verkennen. Für viele ist diese Kraft nichts anderes als ein Spiel und die Beziehungen zum anderen Geschlecht der Spielplatz dazu.

Die Liberalisierung der Abtreibung tötet jährlich das Leben von schätzungsweise 260.000 Kindern in Deutschland. Das ist etwa die Zahl, die nötig wäre, um die Bevölkerung in diesem Land konstant zu halten. Auch die Abtreibung ist eine Folge der sexuellen Revolution, die von den 68ern angezettelt wurde und der nicht nur Millionen abgetriebener Kinder zum Opfer fielen, sondern auch viele Frauen, die sich falsch beraten und von Organisationen wie "Pro Familia" zum Töten des eigenen Kindes verführen ließen.

Eine ernsthafte Politik müßte sich vor allem darum bemühen, daß hierzulande die Kinder in einer moralisch gesunden Atmosphäre aufwachsen, ohne Blasphemie, ohne Pornographie. Doch die meisten Politiker haben offenbar nicht den Mut, einzelne Medien anzugreifen und mächtige Lobby-Verbände wie die der Homosexuellen. Vor allem im rot-grünen Spektrum gibt es viele, die ihre ideologischen Wurzeln in der 68er Kulturrevolution haben und mit christlich geprägten Moralvorstellungen nichts anfangen können.

 

Mathias von Gersdorff ist zweiter Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für eine christliche Kultur (DVCK) und leitet seit 1994 die Aktion "Kinder in Gefahr" gegen Pornographie, Gewaltverherrlichung und Blasphemie in den Medien.


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