© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/05 25. Februar 2005

Dreißig Jahre Starkstrom
Ein Gedenktag nach dem anderen: AC/DC haben Rockgeschichte geschrieben
Thorsten Thaler

Allein ihr Name erzeugt in der Rockwelt einen Ruf wie Donnerhall: AC/DC. Vor über dreißig Jahren, Ende 1973, von den in Schottland geborenen, nach Australien ausgewanderten Brüdern Angus (Markenzeichen: Schuluniform mit kurzen Hosen) und Malcom Young gegründet, steht AC/DC für viele bis heute als Inbegriff schnörkelloser Rockmusik.

Soeben wurde die Gruppe von den Lesern des Musikmagazins Metal Hammer auf Platz drei in der Kategorie "Beste Bands aller Zeiten" gewählt, nach Metallica und Iron Maiden, und Angus Young zum drittbesten Gitarristen. In der Sparte "Bester Sänger aller Zeiten" belegte Bon Scott, der von 1974 bis zu seinem Tod 1980 als charismatischer Frontmann von AC/DC wesentlich zum Aufstieg der Band in den Rockolymp beigetragen hatte, hinter Bruce Dickinson von Iron Maiden den zweiten Platz. Und in der Rubrik "Bester Song aller Zeiten" ist AC/DC gleich mit zwei Titeln, "Highway To Hell" (Platz zwei) und "T.N.T." (Rang sieben), vertreten. Nur Metallica war mit drei Titeln noch erfolgreicher.

Dabei war den Young-Brüdern die Karriere keineswegs vorherbestimmt. 1963 siedeln die Youngs aus Glasgow nach Australien über. Angus und Malcom, die beiden jüngsten von insgesamt sieben Kindern der Arbeiterfamilie, brechen die Schule ab, arbeiten tagsüber in einer Büstenhalterfabrik bzw. einer Druckerei für Pornomagazine und widmen sich nachts ihrer Musik. Ihren ersten Auftritt hat die Band am Silvesterabend 1973 im Chequers Club in Sydney. Wenige Monate später springt Bon Scott, ebenfalls gebürtiger Schotte und ein "unzuverlässiger, betrunkener Kleinkrimineller" (Angus Young), für Sänger Dave Evans ein - und ist fortan die markante Stimme von AC/DC.

Im Februar 1975 erscheint nur in Australien ihr Debütalbum "High Voltage", bereits im Dezember folgt mit "T.N.T." der zweite Streich. In Europa präsentiert sich die Band erstmals 1976 mit einem Album, das aus unerfindlichen Gründen ebenfalls "High Voltage" betitelt ist und seither immer wieder Anlaß zu Verwechslungen bietet.

Doch schon damals lassen AC/DC mit Stücken wie "It's A Long Way To The Top (If You Wanna Rock 'n'Roll)", "The Jack" oder "T.N.T." die Rockszene aufhorchen. Noch heute gehören diese Titel zum Standardrepertoire bei Live-Auftritten der Gruppe.

Die folgenden LP-Veröffentlichungen "Let There Be Rock" (1977) mit dem grandiosen Riff von "Whole Lotta Rosie" sowie dem Live-Album "If You Want blood - You've Got It" (1978) festigen den Ruf der Band. Der endgültige Durchbruch und gleichzeitig erste Scheitelpunkt ihrer Karriere folgt im Sommer 1979 mit dem Überflieger-Album "Highway To Hell", dessen gleichnamiger Titelsong mit dem wohl zweitberühmtesten - nach Deep Purples "Smoke On The Water" - Riff der Rockgeschichte aufwartet.

Tragischerweise markiert das bis dahin erfolgreichste Album auch das Ende der Ära von Bon Scott. Das letzte Live-Konzert mit ihm findet am 27. Januar 1980 in Southampton statt, ein letzter Fernsehauftritt am 9. Februar in der spanischen TV-Show "Aplauso". Zehn Tage später wird der damals 33jährige Ronald Belford Scott in London nach einer ausgedehnten Sauftour - er war schwerer Alkoholiker - in den frühen Morgenstunden des 19. Februar tot auf der Rückbank eines Autos gefunden. Die Rockwelt ist geschockt.

Daß Bon Scott heute anläßlich seines 25. Todestages selbst von deutschen Feuilletonschreibern als "schönste Stimme der Rockmusik" (Die Welt) vereinnahmt wird, muß indes zu jenen himmelschreienden Mißverständnissen gerechnet werden, die einem die Zornesröte ins Gesicht treiben.

Nicht einmal zwei Monate nach Scotts Tod präsentieren AC/DC mit dem Engländer Brian Johnson einen neuen Sänger - und im Sommer das Album "Back in Black". Viele Fans zeigen sich empört und fassungslos angesichts des Tempos, mit dem die Band scheinbar zur Tagesordnung übergeht. Zumal der Neue hörbar nicht die Qualitäten von Bon Scott erreicht - was mit den Jahren eher noch deutlicher wird. Heute klingt Brian Johnson bei Live-Auftritten zuweilen so, als leide er unter starken Preßwehen. Trotzdem, "Back in Black" wird dank Krachern wie "Hells Bells" und "For Those About To Rock" zu einem Megaseller und Meilenstein der Rockgeschichte.

Die Dekade der Achtziger erlebt die Band als Durststrecke. Nach einigen mäßigen Alben können AC/DC erst 1990 mit "The Razor's Edge" wieder an alte Erfolge anknüpfen. Das bislang letzte Album "Stiff Upper Lip" erscheint im Jahr 2000, gefolgt von einer vielumjubelten Tour. Seither wartet die Rockwelt darauf, daß AC/DC wieder ihrer Mission nachgehen, die Angus Young, der am 31. März seinen fünfzigsten Geburtstag feiern kann, in einem Interview einst so beschrieben hat: "Es gab ein Gefühl, eine Ahnung vielleicht, daß etwas fehlte da draußen in der Welt. Was fehlte, war dies: Niemand spielte mehr echten Rock'n'Roll damals, und zwar Rock'n'Roll mit Stil und Haltung."

Foto: Brian Johnson, Angus Young: Mit Preßwehen und Schuluniform, Bon Scott


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen