© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/05 18. Februar 2005

Durchlässig wie ein Sieb
von Fritz Schenk

Selbst wenn es so wäre, wie der Focus erfahren haben will, daß der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete und jetzige Regierungskoordinator für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Karsten Voigt, im Jahr 1987 geheimes Nato-Material an den Osten weitergegeben habe, es dürfte heute nur noch wenige interessieren und noch weniger verwundern.

Voigt macht aus der Sache auch gar kein Hehl, verteidigt sich lediglich damit, daß es sich bei seinen Mitbringseln an die östlichen Genossen von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands nicht um Schriftstücke des Nato-Militärausschusses (die wären nämlich geheim), sondern "nur" um solche des Nato-Parlamentariergremiums gehandelt habe, und diese seien auch "presseöffentlich" gewesen. Von Belang ist das heute kaum noch. Die Recherchen des Magazins Focus beweist nur ein weiteres Mal, was seit Öffnung der östlichen Geheimdienstarchive längst traurig bekannt ist: Der deutsche Westen war seit Beginn der Brandt'schen "Neuen Ostpolitik" durchlässig wie ein Sieb geworden.

Als Zeichen ihrer "Friedensliebe" biederte sich die rot-grüne Linke der SED und ihren Schnüfflern mit freimütigen Geschenken in Form von Informationen über die angeblich kriegslüsterne Nato an. Dafür wurden sie dann auch gnädig vom DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker und seinen Satrapen empfangen und durfte sich im Glanz von außenpolitischer Bedeutung sonnen. Schlimm, daß sie deshalb heute nicht mal Scham empfinden.


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