© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/05 11. Februar 2005

Die Woche
Edmund Stoibers Eigentor
Fritz Schenk

Das war nun wirklich ein genialer Geistesblitz, den Wirbel um die NPD nach deren Krawallakt im Sächsischen Landtag der verkorksten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik von Bundeskanzler Schröder anzulasten. Damit gab Stoiber den "Antifa"-Aktivisten eine Steilvorlage, auf die sie gerade in diesem Jahr gewartet hatten. Vor dem Hintergrund der endlosen "Mahnwachen" gegen Rechts, die wir in diesem Jahr des sechzigjährigen Gedenkens an das Ende des Zweiten Weltkriegs und des NS-Regimes halten sollen, kam das gerade recht.

Bundestagspräsident Thierse fing den Ball sofort auf, um sein Leib-und-Magen-Gericht des "Bündnisses gegen Rechts" wieder auf große Flamme zu setzen. Was anderes als "Kampf gegen den Faschismus" hat er hinter dem "antifaschistischen Schutzwall" der SED denn auch politisch verinnerlichen können?

Also greifen er und die linken Mahner nun das wieder auf, womit Schröder und Genossen schon vor vier Jahren nach dem sogenannten Sebnitz-Skandal (der nur ein solcher war, weil er sich sehr schnell als Lügengespinst entlarvte) auch die Union in den "Aufstand der Anständigen" einzubinden vermochten. Er wurde zum Triumphzug der Political Correctness.

Stoibers Attacke ist aber nicht nur deshalb ein Schuß nach hinten, weil er mit diesem Thema gegenüber den politisch Korrekten ohnehin nicht punkten kann. Denn wenn es gegen "Rechts" geht, hat die Linke von vornherein Absolution und die Medien hinter sich. Es war deshalb ein politisches Armutszeugnis, weil es an der Sache vorbeigeht. Wenn schlimme Krisenzustände Wähler zu extremen Gruppen treiben, offenbart dies vor allem das Versagen der demokratischen Opposition. Warum ist denn die Union nach anfänglichem Aufholprozeß gegenüber Rot-Grün im zweiten Halbjahr 2004 mit der Koalition gemeinsam in den Keller gerutscht? Warum sind bei den Wahlen in Sachsen und Thüringen Hunderttausende ehemaliger Unionswähler den Urnen ferngeblieben, und warum haben so viele andere den Radikalen ihre Stimmen gegeben? An dem miserablen Bild der Opposition hat doch gerade die CSU und ihr Vorsitzender den größten Anteil.

Mit dem jetzt durch Stoiber wieder angefachten Theater um die "rechte Gefahr" werden die Union und das gesamte konservative Lager in Mißkredit gebracht. Wer will jetzt noch ein Anti-Diskriminierungsgesetz oder ähnliches aufhalten, das in Zukunft mediale Kesseltreiben wie gegen Jenninger, Walser, Hohmann, Günzel in die Gerichtssäle führt und die unrühmliche Geschichte von Schauprozessen wieder aufleben läßt? Gerade an der Union läge es, klarzustellen, daß diese kahlgeschorenen Nazi-Imitatoren versprengte und irregeleitete Haufen sind, die - eben wegen der ernsten historischen Lehren - nicht mit dem Nationalsozialismus Hitlers gleichzusetzen sind.

Wer diese Wirrköpfe durch Panikmache oder als politisch-propagandistischen Spielball aufwertet, provoziert, daß ihnen bei kommenden Wahlen erst recht Denkzettel-Stimmen zufallen, die es in der Vergangenheit zum allergrößten Teil gewesen waren. So in Sachsen-Anhalt für die DVU, als Antwort auf den Dilettantismus der Höppner-SPD und ihrer Duldungspolitik durch die PDS. Ähnliche Denkzettel-Wahlen hatte auch schon die alte Bundesrepublik erlebt. Das beste Rezept gegen Provokateure war noch immer eine durchschaubare und konsequente Politik der demokratischen Parteien. 


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