© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/05 11. Februar 2005

Ein Volk von Tätern
von Peter Freitag

Kaum ein Tag vergeht, an welchem nicht jene aufgeregte Empörung über die Angriffe einiger NPD-Funktionäre auf die offizielle deutsche Gedenkkultur und Geschichtspolitik durch die Gazetten oder den Äther geistert: Von Verunglimpfung der Opfer, von Relativierung, gar von Volksverhetzung ist allenthalben die Rede. Daß genau dies von linksextremer Seite in ungleich schärferer Form unternommen wird, scheint dabei geflissentlich übersehen zu werden. Unter Parolen wie "Do it again, Bomber Harris", "No tears for Krauts" oder "Frauenkirche abreißen" werden am Wochenende "Antideutsche" und Antifaschisten einträchtig in Dresden unter den Augen zahlreicher ehrlich Trauernder und persönlich Betroffener durch die Stadt defilieren (siehe Bericht Seite 6). Der national streng gegliederte Manichäismus wird fröhliche Urständ feiern, denn - so die Losung: "Deutsche Täter sind keine Opfer!"

Transparente verherrlichen die Bomber und ihre todbringende Last, die Mobilisierungsplakate ziert ein Stadtplan Dresdens im Fadenkreuz: Ohne die geringste Regung von Scham bekunden die Veranstalter ihr Ziel, die Zerstörung und Vernichtung der Stadt und ihrer Bewohner anläßlich des 60. Jahrestages lautstark zu feiern! Und kein etablierter Politiker, kein Kirchenvertreter oder gewichtiger Intellektueller weit und breit, der mit dem Verweis auf Artikel 1 Grundgesetz oder das Strafgesetzbuch lautstark fordert, diese Verhöhnung zu unterbinden. Es lebe die Zwei-Opferklassen-Gesellschaft!


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