© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/05 04. Februar 2005

Vom hohen Roß gefallen
Ein Fußball-Wettskandal erschüttert Deutschland: Das Ausland hat nur ein breites Grinsen und Kichern übrig
Richard Stoltz

Schadenfreude ist und bleibt die beste Freude, auch wenn man sich damit letzten Endes ins eigene Fleisch schneidet. Das internationale Echo auf den Skandal um den deutschen Fußballschiedsrichter Robert Hoyzer belegt das wieder mal. Nirgendwo in den ausländischen Medien auch nur die Spur von ehrlichem Zorn oder sachlicher Empörung, überall nur breites Grinsen, Kichern, Wohlgefühl. "Endlich fallen die Deutschen vom hohen Roß", schmunzelt Repubblica (Rom).

Das hohe Roß ist in diesem Fall das Ansehen, das die deutschen Fußballschiedsrichter im Ausland genossen und das sie vielerorts zu Vorbildern machte, welche die FIFA bei internationalen Begegnungen gern einsetzte. Deutsche Referees galten bisher nicht nur als äußerst sachkundig und scharfsichtig, sondern auch und vor allem als unbestechlich und wettresistent (wenn auch "etwas langweilig", so der Londoner Guardian). Man konnte sich jedenfalls auf sie verlassen.

Damit ist es nun vorbei. Wir haben auch hier das allgemeine Globalisierungsniveau erreicht; es war ein Weg nach unten. Irgendwelche Zocker in Hongkong, so liest man nun mit Erstaunen, plazieren hohe Einsätze etwa auf den Spielausgang Oberhausen gegen Aue, und der Schiedsrichter steckt mit einer "kroatischen Wett-Mafia" unter einer Decke und kassiert für seine Entscheidungen Prämien. Das ist globale Zusammenarbeit auf modernstem Niveau. Chapeau!

Beim DFB-Pokalspiel Paderborn gegen Hamburger SV im August 2004, das offenbar ebenfalls von dem ungetreuen Schiedsrichter mit zwei fragwürdigen Elfmeter-Entscheidungen und einer umstrittenen Roten Karte verpfiffen wurde, sollen übrigens sogar die (siegreichen) Spieler aus Paderborn eine Wettprämie kassiert haben. So sieht also neudeutscher Sport anno 2005 aus: Unsere Fußballer verlieren auf Zocker-Kommando, aber sie siegen auch nur noch, wenn man sie extra dafür besticht. Armes Deutschland!


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