© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/05 28. Januar 2005

Musik mit sozialistischen Grüßen
"Kampf gegen Rechts": PDS-nahe Jugendorganisation stellt Kulturprojekt vor / Förderung durch das Bundesfamilienministerium
Peter Freitag

Daß man in popmusikalischer Verpackung die Jugend ideologisch leichter infiltrieren kann als mit drögen Polit-Wälzern, ist keine neue Erkenntnis. Weil mit der DDR aber auch ihre Massenorganisation Freie Deutsche Jugend (FDJ) und mit dieser ebenso der Musiksender DT 64 im Orkus der Geschichte verschwunden ist, müssen sich die sozialistischen Jugendfunktionäre etwas Neues einfallen lassen. "Aufmucken gegen Rechts" heißt eine dieser Ideen, die vergangene Woche von der PDS-nahen Jugendorganisation solid der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Hinter dem einfallsreichen Titel verbirgt sich ein "Sampler", ein Tonträger also, zu dem verschiedene Musiker je eines ihrer Stücke beisteuern. Die Startauflage von 50.000 CDs will solid nun bundesweit vorrangig an Jugendliche kostenlos verteilen, um "antifaschistisches Gedankengut aus der autonomen Schmuddelecke zu holen und in die aktuelle Popkultur einzubinden", wie es einer der Initiatoren ausdrückte. Anlaß und - ironischerweise auch gleichzeitig direktes Vorbild - ist das "Projekt Schulhof" sogenannter "Freier Kameradschaften", die Musik mit "rechten" Inhalten unter Schülern verbreiten wollten, wobei ein Großteil ihrer Erzeugnisse (Titel: "Anpassung ist Feigheit") in den Asservatenkammern der Staatsschutzbehörden landete.

Weil dies allein jedoch nicht auszureichen scheint, den "Ungeist" erfolgversprechend zu verbannen, startet solid nun seine "antifaschistische Offensive gegen rechte Jugendkultur".

Familienministerin Schmidt verteilt munter Geld

Und wahrlich: Im Hinblick auf die popkulturelle Prominenz sticht man die "Rechten" um Längen aus. Deutsche Bands wie die Fantastischen Vier, Die Sterne, Beginner und Seeed geben im fröhlichen "Antifanten-Stadl" ebenso ihr Stelldichein wie der unvermeidliche Korrekt-Barde Konstantin Wecker.

Neben Künstlern suchte man für diesen "guten Zweck" außerdem noch potente Unterstützer und fand diese - getreu bewährter Rituale der sozialistischen Bündnispolitik - bei den Gewerkschaften: DGB-Jugend, verdi-Jugend und IG-Metall-Jugend sowie die Hans-Böckler-Stiftung gehören zum erlesenen Kreis. Um jedoch nicht vollends von den Mechanismen der ungeliebten Marktwirtschaft abhängig zu sein, läßt sich solid den Spaß auch noch mit Steuergeldern finanzieren, und zwar aus Fördermitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren und Jugend (BMFSJ). Am politischen Hautgout dieser Mittelvergabe scheinen sich die Mitarbeiter der Behörde nicht zu stören, sehr zur Belustigung einiger Aktivisten von solid.

Denn Renate Schmidts Ministerium streut munter Geld an eine Organisation aus, die der Kollege und Parteifreund Otto Schily als oberster Dienstherr des Bundesamtes für Verfassungsschutz unter Beobachtung gestellt hat. Im Verfassungsschutzbericht 2003 erwähnt die Behörde, daß unter den sozialistischen Nachwuchskadern ein "heftiger" Streit zwischen dem "reformorientierten" und dem "traditionell-kommunistischen" Flügel ausgebrochen sei; wobei vorrangig letzterer seit der Bundesdelegiertenkonferenz das neugewählte Führungspersonal von solid stellt. Ihre Ablehnung der herrschenden Gesellschaftsordnung verhehlten die Jungkommunisten ebensowenig wie ihr sehnsuchtsvolles "Ja zur sozialistischen Zukunft", das sie im Leitantrag formulierten.

Auch wissen die Verfassungsschützer von einer umfassenden "Kontaktpflege zu anderen Linksextremisten", so zur Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) und ausländischen Organisationen, zu berichten. Bereits in den Jahren 2000 und 2001 geriet solid ins Visier der Staatsschützer, nachdem der 800 bis 900 Mitglieder starke Jugendverband gemeinsam mit autonomen und militanten Gruppen zu Demonstrationen aufgerufen hatte oder diesen sogar Räumlichkeiten zur Verfügung stellte, etwa zur Vorbereitung von Aktionen gegen den G8-Gipfel in Genua.

Verknüpfungen mit einschlägigen Institutionen

Schon ein Blick auf die Internet-Seite von "Aufmucken-gegen-Rechts" bestätigt den Eindruck, hier handele es sich um eine linksextreme Vernetzung. Denn neben Hinweisen auf die lokalen Ausrichter der verschiedenen Aktionen (Verteilung der CDs sowie Konzerte "gegen Rechts"), zu denen auch sogenannte Antifa-Gruppen zählen, finden sich dort Verknüpfungen mit einschlägig bekannten Institutionen: von der kommunistischen Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN/BdA) über die Postille Blick nach Rechts bis zum linksextremen Internet-Portal nadir.

Indessen ist nicht zu erwarten, daß das Familienministerium ob seiner fragwürdigen Förderpolitik von den Kollegen des Innenressorts getadelt wird. Denn auch Schilys eigenes Haus scheint, wenn es anständig-aufständig "gegen Rechts" geht, das andere Auge gerne etwas zuzudrücken. So richtete am 14. Dezember 2004 die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Große Anfrage an die Bundesregierung, in der diesbezügliche Mißstände angeführt werden: "Es besteht der Verdacht, daß das 'Bündnis für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt' mit Mitteln des für den Verfassungsschutz zuständigen Bundesministeriums des Innern (BMI) seit 2001 in einem bisher nicht bekannten Umfang linksextremistisch beeinflußte, wenn nicht sogar verfassungsfeindliche Initiativen finanziell unterstützt hat und damit dem Anliegen dieses Bündnisses schadet", so die Sorge der Opposition. Insbesondere bei der Vergabe von Preisgeldern anläßlich eines Wettbewerbs des Bündnisses habe in der jüngsten Vergangenheit das Ministerium eine sorgfältige Begutachtung offensichtlich vermissen lassen. Die Union erinnerte den Innenminster zudem an seine Aussage bei Gründung des Bündnisses im Jahre 2000, dieses richte sich nicht ausschließlich gegen "rechten Extremismus und Gewalt", sondern gegen "Extremismus und Gewalt".

Foto: Die Fantastischen Vier: Mit Sprechgesang und Geld vom Staat gegen den politischen Gegner


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