© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/05 21. Januar 2005

PRO&CONTRA
Heimliche Vaterschaftstests verbieten?
Anke Gimbal / Rüdiger Meyer-Spelbrink

Der Deutsche Juristinnenbund begrüßt die Absicht von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, in einem künftigen Gendiagnostikgesetz die Nutzung fremder DNA ohne Einwilligung der betroffenen Person zu verbieten. Auch die Verfügungs- und Entscheidungsgewalt über die Preisgabe genetischer Daten eines Kindes steht allein ihm zu und obliegt, falls ihm hierzu die hinreichende Einsichts- und Urteilsfähigkeit fehlt, den sorgeberechtigten Elternteilen. Ein heimlicher Vaterschaftstest verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausformung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz). Diesem verfassungsrechtlich geschützten Recht des Kindes steht das Recht des potentiellen Vaters auf Kenntnis seiner Vaterschaft gegenüber. Selbstverständlich soll ein Mann eine mögliche Vaterschaft feststellen lassen können. In Deutschland hat jeder ein Recht darauf. Dazu gibt es ein geordnetes Verfahren, an das sich alle Beteiligten halten müssen. Heimliche Tests unterlaufen dagegen die gut begründeten familienrechtlichen Regelungen der Vaterschaftsanfechtung. Vor allem sind heimliche Gentests ein großartiges Geschäft. Die zahllosen Angebote für "schnelle", "sichere", "diskrete" Tests suggerieren "Kuckuckskinder" und betrügerische Mütter als Normalfall. Und nicht nur rechtliche Väter schicken Proben ein. Jede und jeder, auch potentielle Väter, Frauen, Schwiegereltern, Freunde, Feinde, Nachbarn, Arbeitgeber, Versicherungsvertreter usw. haben mittlerweile zum "Schnäppchenpreis" die Möglichkeit, grundrechtlich geschützte Daten anderer in Erfahrung zu bringen und für ihre persönlichen oder kommerziellen Zwecke zu nutzen. "Das Verbot heimlicher Tests dient dem Schutz von Kindern, Frauen und Männern in allen rechtlichen und persönlichen Beziehungen", sagte Margret Diwell, Präsidentin des DJB.

 

Anke Gimbal ist Geschäftsführerin des Deutschen Juristinnenbundes in Berlin.

 

 

Das geplante Verbot selbstbestimmter Vaterschaftstests unterhöhlt die Gleichberechtigung der Eltern. Die Tests sind oft die einzige Möglichkeit, die tatsächliche Vaterschaft festzustellen. Wenn die Mutter kein Interesse an Klärung hat, haben sowohl Kind als auch Vater oft keine andere Möglichkeit. Es ist die Aufgabe des Gesetzgebers, das Selbstbestimmungsrecht von Mutter, Kind und Vater zu schützen. Dazu gehört die Kenntnis der tatsächlichen Elternschaft. Dies kann bei medizinischen Problemen sogar lebensentscheidend sein.

Die leibliche Elternschaft ist ein wesentlicher Teil der Identität eines Kindes. Diese Tests nützen den Kindern, weil sie dadurch Gewißheit haben können, wer ihre wirklichen Eltern sind. Sie schaden ihnen nicht, weil das Kind frei in seiner Entscheidung ist, eine innige Beziehung zu seinem tatsächlichem Vater aufzubauen. Sie geben Vätern die Möglichkeit, ihre Rolle als Vater wahrzunehmen.

Es ist bekannt, daß es häufig sogenannte Kuckuckskinder gibt, also daß Kinder einem falschen Vater untergeschoben werden. Väter können sich über einen Vaterschaftstest vor einem emotionalen und finanziellen Schaden schützen, indem sie damit die Möglichkeit haben, eine konfliktfreie Prüfung vornehmen zu lassen. Müßte jeder Vater versuchen, bei Verdacht die Vaterschaft gerichtlich klären zu lassen, gäbe es viele Prozesse und damit alle beteiligten Personen belastende Streitigkeiten. In allen Fällen, in denen ein heimlicher Vaterschaftstest die Zweifel nicht bestätigt, ist damit dieser Streit vermieden worden. Durch den Vaterschaftstest besteht Klarheit. Das rechtliche Elternverhältnis ist damit noch nicht geklärt. Das kann danach erst in einem Gerichtsverfahren geregelt werden. Im Rahmen dieses Verfahrens wird auch die Auswirkung auf das Kindeswohl geprüft. Insoweit bestehen keinerlei Nachteile für das Kind.

 

Rüdiger Meyer-Spelbrink ist Vorsitzender des Vereins Väteraufbruch für Kinder e.V. in Eisenach


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