© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/05 21. Januar 2005

Zwei Fliegen
von Andreas Graudin

Verteidigungsminister Peter Struck verläßt seine alte Linie, wonach die Wehrpflicht unbedingt erhalten werden sollte. Alles deutet darauf hin, daß der Minister jetzt anfängt, eine Position zu räumen, die für ihn zunehmend unhaltbar geworden ist. Die Verfassung wird durch das Aussetzen der Wehrpflicht nicht geändert, sondern es wird lediglich administrativ auf deren Einforderung verzichtet. Struck denkt statt dessen an einen "freiwilligen Wehrdienst". Ob das den Bedarf der Truppe dann noch decken kann, ist fraglich. Auch für die militärisch Interessierten, die über den "freiwilligen Wehrdienst" eine Daueranstellung bei der Bundeswehr suchen, wird das "Schnupperangebot Bundeswehr" finanziell attraktiver gestaltet werden müssen. Billiger wird die Einsatzarmee Bundeswehr für den Fiskus nicht.

Ungeklärt sind die Folgen für die vielen sozialen Dienste. Für ihre Leistungen sind sie auf Zivildienstleistende angewiesen. Da der Zivildienst sich aus der Wehrpflicht ableitet, werden die vielen Helfer von Feuerwehr bis Essen auf Rädern in Zukunft aus Hartz-IV-Empfängern rekrutiert werden müssen. Genialer Schachzug! Ein zugkräftiges Wahlkampfthema für die Bundestagswahl und freie Stellen für den "zweiten Arbeitsmarkt". Klar, daß da Müntefering nicht widerstehen kann und Struck unter Schröders und Eichels Druck einknickt und jetzt seinen persönlichen geordneten Rückzug von der Wehrpflicht rechtzeitig einleitet. Parteiräson vor Staatsräson: Eine Überraschung ist es nicht.


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