© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/05 07. Januar 2005

WIRTSCHAFT
Trübe Aussichten und schlechtes Beispiel
Bernd-Thomas Ramb

Die Wirtschaftsaussichten für dieses Jahr sind bestenfalls verhalten. Bereits im Dezember hatte die Deutsche Bundesbank vor allzu großen Erwartungen an einen Konjunkturaufschwung gewarnt und für 2005 ein Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent vorausgesagt. Auch die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute wurden, nach zunächst optimistischeren Ausgangswerten im vergangenen Herbstgutachten, inzwischen auf dieses Niveau reduziert. Besonders skeptisch ist das Kieler Institut für Weltwirtschaft, das lediglich ein Wachstum von 0,8 Prozent sieht. Damit dürfte schon am Jahresanfang praktisch sicher sein, daß die von der Bundesregierung für dieses Jahr eingeplante Neuverschuldung ein Traumgespinst bleibt. Statt wie in den Jahren zuvor wieder bis zum Jahresende auf ein Haushaltswunder zu warten, könnte der Bund, aber auch manches Bundesland, von vornherein ein moderates, besser: rigide beschränktes Ausgabenverhalten praktizieren.

Später eintretende Haushaltswunder ließen sich dann immer noch verteilen. Im Jahr vor dem Wahljahr (für einige Bundesländer wie NRW aber auch das aktuelle Wahljahr) dürfte eine solche Idee jedoch nicht nur auf taube Ohren, sondern auf blankes Unverständnis, ja Entsetzen stoßen. Die Zeiten, in denen Politiker - und nicht nur mit dem Haushalt befaßte - mit Staatsgeldern äußerst vorsichtig umgegangen sind, kennt der Medianwähler nur noch aus den Geschichtsbüchern. So findet das Verhalten der Politiker, die nach dem Motto "Noch ein bißchen mehr Schulden ist immer möglich; nach uns sowieso die Sintflut" keinerlei Rücksicht auf die Zukunft nehmen, nicht nur die Zustimmung des Wahlvolks, sondern bei diesem auch immer mehr naive Nachahmer.


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