© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/05 07. Januar 2005

Leserbriefe

Zu: "Man kennt sich, man hilft sich" von Paul Rosen, JF 01/05

Selbstbedienungsladen

Meine Zufriedenheit mit unserem politischen System ist einer tiefgreifenden Verachtung gewichen. Das tägliche politische Handeln zeigt, daß sich unsere Politiker immer weniger dem Grundgesetz verpflichtet fühlen. Die parlamentarische Demokratie ist zum Selbstbedienungsladen der Parteien und deren Klientel verkommen. Mir fehlt der Glaube an die bestehende demokratische Alternative in der deutschen Parteienlandschaft.

Karl-H. Westenhöfer, Annweiler

 

 

Zu: "Nazis sind immer die anderen" von Jens Knorr, JF 52-53/04

Altes Gerücht

Als ich 1998 zur Bundeswehr eingezogen wurde, gab es ein Gerücht, wonach ein Ministererlaß verbiete, bei aufgezogenen Vorhängen den Helm mit der rechten Hand vom Spind zu holen - um Mißverständnissen vorzubeugen, falls Passanten von außen in die Stuben hineingucken können. Ob es diesen Erlaß oder einen entsprechenden Kasernenbefehl je gegeben hat, ist mir nie bekannt geworden. Einige weniger begabte Kameraden waren in tiefem Ernst überzeugt; die feinsinnigeren hatten gewisse Zweifel.

Jedenfalls erinnert diese Geschichte an den resignierten Humor, der unter totalitären Verhältnissen aufzukommen pflegt. Mir war das übrigens schnurz, da ich Linkshänder und auch Linkswinker bin. Ich erinnere aber daran, daß Gerhard Schröder in der Vergangenheit - auch anläßlich von Auslandsbesuchen - häufig den rechten Arm gerade nach vorne oben gestreckt und lediglich mit dem Handgelenk gewackelt hat. Auch der amtierende US-Präsident tut desgleichen. Dabei bieten sich dank Hitlers individueller Choreographie doch elegante Ausweichmöglichkeiten, etwa durch das Anlegen der Hand ans Ohr.

Als gespenstisch und grotesk habe ich den Bericht von Matthias Bäkermann aus dem "Paralleluniversum" des DS- Jahreskataloges empfunden. Soldatenbüsten für 88 Euro, "Irminsul-Glaubensbekenntnisse", Odin statt Jesus - und mit denen sollen wir unter einer Decke stecken, um das Abendland zu retten? Die vom Verfassungsschutz NRW haben doch einen an der Waffel. 

Florian Wolfrum, Fulda

 

 

Zu: "Doitsche Weihnacht 2004" von Matthias Bäkermann, JF 52-53/04

Schaum vor dem Mund

Ob man die NPD mag oder nicht - solch eine Polemik wie die über den Weihnachtskatalog der DS hätte ich eher in der Jungen Welt als in der JF erwartet. Der Schaum vor dem Mund mancher Redakteure bei der Berichterstattung über NPD-Themen ist nicht mehr zu übersehen - und damit fällt ein wesentlicher Anreiz, die JF zu lesen, nämlich der kritische, aber nicht agitatorische Charakter der Zeitung. Das war "Political Correctness" pur. Insbesondere stößt auch der deutlich abschätzig klingende Verweis auf in Mitteldeutschland zu "DDR"-Zeiten üblich gewordene Vornamen als "verdummbares Publikum", dem das Angebotene wohl gefalle, negativ auf. Ich hoffe, die JF geht nicht den Weg von Mut.

Dr. Immo Garrn, Berlin

 

 

Zu: "Zur Bestätigung der gewünschten Ergebnisse" von Hans-Joachim von Leesen , JF 52-53/04

Uminterpretation der Zahlen

Was Hans-Joachim von Leesen im letzten Absatz seines Artikels befürchtet, dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch eintreten: Im Sinne einer angemaßten "historisch-politischen Korrektheit" ("Deutsche Täter sind keine Opfer!") wird man die Opferzahlen des alliierten Bombenterrors gegen Dresden auf Teufel-komm-raus herunterinterpretieren - bis alles "stimmt". Spätere Nennungen höherer Zahlen würden dann von der bundesdeutschen Justiz vermutlich als indirekte Verharmlosung der Verbrechen des Dritten Reiches ausgelegt werden. Daß sich Historiker für ein solches Unternehmen zur Verfügung stellen, ermöglicht einen tiefen Einblick darin, wie weit sich die offiziöse Geschichtsschreibung zur Hure der Politik erniedrigt hat. Man schämt sich, quasi demselben "Berufsstand" anzugehören.

Fritz Werner, Verden-Borstel

 

 

Zur Verleihung des Gerhard-Löwenthal-Preises 2004, JF 52-53/04

Glückwünsche

Auch ich gratuliere Thorsten Hinz alias Doris Neujahr aus voller Überzeugung, und ich gratuliere der JUNGEN FREIHEIT zu diesem alles überragenden Journalisten.

Solange Hinz/Neujahr in der JUNGEN FREIHEIT schreibt, werde ich gerne Abonnent bleiben.

Helmut Dohrmann sen., Seevetal

 

 

Zu: "Hohmann klagt" von Alexander Bagus, JF 52-53/04

Hohmann als Zugpferd

Martin Hohmann sollte sich eine neue "politische Heimat" suchen, anstatt seine Energien in sinnlosem Prozessieren zu vergeuden. Naheliegenderweise in einer rechtsdemokratischen Partei, die 2006 ohne eine allseits bekannte, fest zu ihren konservativen Überzeugungen stehende Politikerpersönlichkeit als "Zugpferd" kaum die Fünf-Prozent-Hürde meistern dürfte. Im wahrscheinlichen Fall der Wiederwahl als Direktkandidat - besser wegen der Kräfte entfaltenden Signalwirkung schon in der gegenwärtigen Legislaturperiode - könnte er so dem nationalkonservativen Lager zu einem Sitz im Bundestag verhelfen. Sein für mich schwer nachvollziehbares Festhalten an der CDU halte ich für einen Irrweg. Aber leider denkt Hohmann zu sehr in juristischen und zu wenig in politischen Kategorien.

Bernd Sydow, Berlin

 

 

Zu: "Der Tag X" von Bernd-Thomas Ramb, JF 52-53/04

Verquere Logik

Bemerkenswert und auch bei seiner Vorbildung erstaunlich ist die verquere Logik unseres Außenministers, der ständig die "Ergebnisoffenheit" der EU-Beitrittsverhandlungen beschwört, andererseits aber betont, daß das Ziel ohne Wenn und Aber die Vollmitgliedschaft der Türkei sei. Zum als Grund für die Beitrittsverhandlungen angeführten drohenden Abbruch von Erneuerungen in der Türkei ist zu fragen, was uns das angeht, wenn nicht feststeht, daß sie ins Boot und damit bald auf die Kommandobrücke geholt wird?

Wilhelm Heinrich, Per E-Post

 

Türkische Berufsverbote

Wenn die türkische Regierung wegen des EU-Beitritts umfangreiche Reformen auf den Weg bringt, muß das nicht bedeuten, daß der ausführende Staatsapparat diese auch zügig umsetzt. Was die Türkei unter Vertragstreue versteht, beweist ein Beispiel: Im Jahre 1952 wurde zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei die Wiederanwendung des deutsch-türkischen Niederlassungsabkommens von 1927 vereinbart, das sich mit dem Status der Angehörigen der beiden Staaten beim Aufenthalt im anderen Land befaßt. Die Türkei hält sich in keiner Weise an dieses Abkommen, und unsere Regierung wagt es nicht, das Abkommen zu kündigen. Während prinzipiell jeder Türke in Deutschland etwa ein kleines Geschäft, ein Restaurant oder eine Änderungsschneiderei aufmachen kann und auch Grundstücke unbeschränkt erwerben darf, ist dies Deutschen in der Türkei nicht erlaubt. Es gibt über 30 türkische Gesetze, die eine Erwerbstätigkeit von Deutschen in mehr als 50 Berufen, darunter Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Architekt, Rechtsanwalt, Makler und sogar den Grundstückserwerb verbieten. Für Deutsche in der Türkei besteht - im Gegensatz zu Türken in Deutschland - keine Aussicht auf einen rechtlich abgesicherten Daueraufenthalt.

Die von mir angeregte Kündigung des deutsch-türkischen Niederlassungsabkommens von 1927 sei, wie das Auswärtige Amt mitteilte, "nicht der geeignete Weg". Die Türkei bewerbe sich um die EU-Mitgliedschaft, "ein Schritt, der nach einer gewissen Übergangsfrist die tatsächliche Niederlassungs- und Berufsfreiheit ermöglicht". Die Moral von der Geschicht: Damit auch Deutsche in der Türkei die Rechte haben wie die Türken in der Bundesrepublik, müssen wir die Türken in die EU aufnehmen.

Karl-Heinz Schüler, Baden-Baden

 

Verspieltes Europa

Gern erinnere ich mich an das Ratespiel von Kuhlenkampf: Einer wird gewinnen (EWG). Gegenstand der Fragen war der abendländische Kulturkanon. Etwa zur gleichen Zeit entstand in Europa die EWG, die über die EG zur EU mutierte. Das Motto lautete nun: Alle werden gewinnen. Welches Spiel in Brüssel jetzt gespielt wird, Schach oder Skat, wer die Mitspieler sind oder welche Spielregeln gelten sollen, ist unklar. Letzte Woche begann das Erweiterungsspiel mit der Türkei. Europa spielt auf und zieht die Karte "Zypern". Die Türkei ist entsetzt, verlangt eine Auszeit und hält dann ihren Trumpf Nationalstolz dagegen. Der deutsche Mitspieler ist irritiert, denn diese Karte ist politisch nicht korrekt. Daraufhin flüstert ihm der französische Mitspieler zu: "Also Gerhard, das ist schon in Ordnung. Ihr Deutschen kennt diese Karte nicht mehr, aber das ist euer Problem. Den Türken kann man die Karte nicht wegnehmen, die lieben ihr Vaterland zu sehr!" Alle Spieler einigen sich auf einen Kompromiß: Die Türkei macht den Stich, dafür wird Europa zum Gewinner erklärt.

Heinrich Wehner, Wiesbaden

 

 

Zu: "Fünf Millionen Einwanderer", Interview mit Paul Welfens, JF 51/04

Affront gegen die Mehrheit

Es ist schon ein Affront ersten Ranges, wie sich Gerhard Schröder mit seinem vehementen Einsatz für einen EU-Beitritt der Türkei gegen die große Mehrheit der Deutschen entschieden hat. Noch vor wenigen Wochen hatte unser oberster Volksvertreter voller Inbrunst verkündet: "Patriotismus ist das, was ich jeden Tag mache. Mit allem was ich tue, will ich dafür sorgen, daß Deutschland nach vorne kommt." Herr Schröder, es wäre eine patriotische Großtat von Ihnen, wenn Sie sich endlich und schnellstmöglich auf Ihr Altenteil zurückzögen und die Politiker ans Ruder ließen, die ihr Land wirklich lieben! 

Stefan Herre, Köln

 

 

Zu: "Der freie Markt als Drachentöter" von Roland Baader, JF51/04

Richtlinie für Politiker

Dieser Artikel hat mir sehr gut gefallen, weil er Grundlagen aufzeigt, die auch als Richtlinien für unsere Politiker dienen können. Die Wahrheit der hier dargelegten Gedanken wird auch von einem weiteren Zeugen, dem amerikanischen Politiker und Naturforscher Benjamin Franklin (1706-1790), bestätigt, der gesagt haben soll: "Wer euch sagt, daß ihr anders reich werden könnt als durch Arbeit und Sparsamkeit, der betrügt euch, der ist ein Schelm". Bitte noch öfter solche grundlegenden Darstellungen in der Hoffnung, daß in der Gesellschaft und bei ihren Führern die Stimme der Vernunft gehört wird und sich durchsetzen kann.

F. Spiekermann, Iserlohn-Sümmern

 

 

Zu: "Abrechnung in der Nachspielzeit" von Fritz Schenk, JF 51/04

Henkel wollte Türkei-Beitritt

Fritz Schenks äußerst positiver Besprechung des Buches von Olaf Henkel "Die Kraft des Neubeginns" kann man nur zustimmen. Da sich die Rezension jedoch auch zu einer gewissen Verklärung der Person des Autors auswächst, ist eine einschränkende Nuance angezeigt: Als BDI-Präsident hat er vor einigen Jahren der Türkei versichert, die deutsche Industrie stehe voll hinter deren Beitrittswünschen. Angesichts der Bedeutung, die unser "Kanzler der Bosse" der Meinung des obersten Bosses sicherlich beimißt, muß man Henkel daher als einen der Hauptverantwortlichen für die auf den Beitritt der Türkei gerichtete Politik der Bundesregierung ansehen und damit für die Katastrophe, die der Zuzug von weiteren Millionen Türken für Deutschland bedeuten wird.

Prof. Dr. Raimund Beck, Per E-Post

 

 

Zu: "Das Ende einer Lebenslüge" von Alexander Griesbach, JF 50/04

Gewerkschaften waren dafür

Helmut Schmidt hat völlig recht, wenn er darauf hinweist, daß es schon in den sechziger Jahren falsch war, Gastarbeiter aus fremden Kulturen nach Deutschland zu holen. Die Gewerkschaften waren dafür, obwohl sich heute herausstellt, daß es besser gewesen wäre, die Arbeitszeit und damit den Arbeitskräfteeinsatz der fortschreitenden Rationalisierung anzupassen und damit die Arbeitslosigkeit langfristig durch den Schrumpfungsprozeß der Bevölkerung zu beseitigen. Das Wirtschaftsministerium hatte auch in der Regierungszeit von Helmut Kohl in den neunziger Jahren festgestellt, daß eine erfolgreiche Wirtschaft auch bei einer schrumpfenden Bevölkerungszahl möglich ist. Der Süssmuth-Flügel war aber wohl stärker.

Gottfried Dyrssen, Aumühle

 

 

Zu: "Mit Wort und Schwert" von Günter Zehm, JF 49/04

Kein weichgespülter Islam

Durch den Fall "van Gogh" in Holland wurde der Rechtsstaat vorgeführt. Nun meinen Politiker, vor allem die Gutmenschen grüner Provenienz, man könne das Problem mit den Mitteln der zur Zeit bestehenden Form des Rechtsstaats lösen. Herr Stoiber will Zuwanderer den Eid auf die Verfassung schwören lassen. Frau Künast meint, man müsse nun flächendeckend einen Islamunterricht auf deutsch an allen Schulen einführen. Leider verkennen alle diese Vorschläge das Wesen des Islam. Es ist ein Irrtum zu meinen, man könne so etwas wie einen weichgespülten Islam konstruieren, der in ein liberales System paßt. Der Prozeß der Aufweichung moralischer Positionen, für den das Christentum viele Jahrhunderte brauchte, läßt sich für den Islam nicht in wenigen Jahren bewerkstelligen.

Albrecht Schwarzkopf, Osnabrück

 

 

Zu: "Auflösung der Republik" von Bernd-Thomas Ramb, JF 47/04

Preuße im Exil

Für das heutige Deutschland noch patriotische Gefühle zu entwickeln, d.h. mich mit dem Land zu identifizieren, ist mir schlichtweg nicht mehr möglich. Seit 1969 leben wir zunehmend in einem totalitären Staat mit Meinungsmanipulation und Meinungsunterdrückung. Die CDU hat sechzehn Jahre lang innenpolitisch geschlafen und bietet uns Konservativen schon lange keine politische Heimat mehr.

Ich selbst bezeichne mich inzwischen nur noch als Preuße im Exil, als Mitglied einer unterdrückten Minderheit, die keinerlei Schutz mehr von Seiten des Staates genießt. Mein Flüchtlingsausweis A garantiert mir zumindest den Schutz der Uno, falls die heutigen Anfeindungen in offene Verfolgung ausarten. Die Uno muß mir dann organisatorisch und materiell bei der Emigration Hilfe leisten. Allerdings bezweifle ich, daß sie das tun wird.

Ich betrachte meinen Aufenthalt in diesem Staat nur noch wie ein Mietverhältnis und nehme innerlich nur noch an wenigen Dingen Anteil. Leider bezahle ich eine völlig überhöhte Miete (Steuern) für ein inzwischen total verwahrlostes Mietobjekt. Eigentlich müßte mir ein Recht auf Mietminderung zustehen.

An eine politische Kurskorrektur glaube ich schon lange nicht mehr, es sei denn, daß eine neue Partei entsteht, die die Bezeichnung "konservativ" zu Recht führt und eine Politik auf der Basis der christlich-konservativen Werte betreibt. Eine solche Partei könnte auch das Abdriften großer Bevölkerungsanteile in das rechtsextreme bis rechtsradikale Lager verhindern, das ich allmählich auf uns zukommen sehe. Schon heute schlagen sich die Braunen und die Roten wieder auf der Straße. Weimar läßt grüßen.

Dr. Friedrich Walter, Wankendorf

 

 

Zu: Pro&Contra "Englischunterricht schon im Kindergarten?", JF 46/04

Lernen bleibt mühsam

Wenn die Verantwortlichen in der deutschen Bildungspolitik nicht bald aufhören, den Kindern und Jugendlichen durch unselige Begriffe wie "spielerisches Lernen" und "Fun beim Lernen" eine scheinbar mühelos mögliche Aneignung von Wissen und Fähigkeiten vorzugaukeln, werden auch alle anderen Pisa-Tests dasselbe traurige Ergebnis liefern.

Es ist jetzt wirklich an der Zeit, von dieser ebenso realitätsfernen wie absolut fatalen 68er-Spinnerei loszukommen und sich einmal klarzumachen, daß jede Art von Lernen zunächst einmal eine anstrengende, vielleicht auch mühsame, Konzentration erfordernde Tätigkeit ist, die mit "Spaß" oder "Spiel" nichts zu tun hat.

Allein der Lernerfolg, das Ergebnis der Arbeit, kann und soll Spaß machen und zum schließlich zum Weitermachen anspornen. Dies wußten schon unsere Großeltern, die z.B. mit Sprichwörtern wie "Ohne Fleiß kein Preis" aufwuchsen, und es ist eine denkbar simple Erkenntnis, die aber für einen 68er offenbar doch noch zu hoch ist. Es ist kein Wunder!

Kerstin Marfordt, Per E-Post


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen