© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/05 07. Januar 2005

Frisch gepresst

Reformitis. Vor wenigen Tagen ist die vierte Stufe der Arbeitsmarktreform (Hartz IV) in Kraft getreten - ohne nennenswerte Proteste bei den Betroffenen. Ohnehin ist Hartz IV nur ein kleiner Baustein im Reformprozeß, der mit viel Getöse angekündigt worden ist. Der christliche Sozialphilosoph Friedhelm Hengsbach diagnostiziert diese Reformanstrengungen primär als Neuverteilung der Ressourcen. Denn bislang sei bei den auch von ihm als notwendig erachteten Veränderungen eine drastische soziale Schieflage festzustellen, die zu Lasten der unteren und mittleren Einkommen geht und bei weiterer Beanspruchung der oft zitierten "Flexibilität" den sozialen Zusammenhalt gefährde. Auch die Art und Weise der politischen Umsetzung, bei der sich die Handlungsebene zunehmend auf Kommissionen verschiebt, findet bei Hengsbach nur die verächtliche Bewertung "Räterepublik". Trotz der teilweise allzu schwammigen Rhetorik, bei der in Ermangelung eines praktikablen Konzeptes immer wieder "der Mensch" ins Feld geführt wird, bietet die Analyse eine Fülle von Argumenten gegen den von der Regierung eingeschlagenen Kurs (Das Reformspektakel. Warum der menschliche Faktor mehr Respekt verdient. Herder Verlag, Freiburg 2004, 190 Seiten, broschiert, 9,90 Euro).

Absahner. Der frühere Berater Franz-Josef Strauß' Peter Helmes hat sich in seiner Fleißarbeit durch den Dschungel von Diäten, Kosten-Pauschalen, Altersversorgungen, Übergangsgeldern, Aufsichtsratsbezügen und Vergünstigungen gearbeitet, um die fast lückenlose Verbreitung der Bereicherungspraxis bei Politikern und Partei- und Gewerkschaftsfunktionären offenzulegen - genauso wie bei Krankenkassenchefs oder Spitzenmanagern. Diese "Oberen Zehntausend" der politischen Führungsschicht nutzen - wie Helmes mit konkreten Beträgen aufführt - derart dreist die durch sie selbst bestimmten Wege der Versorgung, daß man in allen Aufrufen zur Sparsamkeit oder zum Gürtel-enger-Schnallen nur Sarkasmus erkennen kann. Zusätzlich zu dieser Selbstbedienungsmentalität werden Steuermittel ohne viel Scham an Beraterfirmen verschleudert, oder es werden politisch nahestehende Institutionen oder Agenturen mit Millionenaufträgen bedacht. Helmes' kleines Brevier läßt einen an unseren "Eliten" verzweifeln (Die Abzocker. Unsere Funktionäre und das "liebe Geld". WPR Politikverlag, Hamburg 2004, 126 Seiten, gebunden, 14,90 Euro).


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