© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/05 07. Januar 2005

Peter Harry Carstensen
Der fröhliche Friese
von Hans-Joachim von Leesen

Ein Gefühlsmensch sei er, schreiben die Zeitungen. "Das Leben ist schön", soll seine Devise sein, und tatsächlich tritt er stets gutgelaunt vor die Kameras: der Spitzenkandidat der schleswig-holsteinischen CDU, Peter Harry Carstensen. Vor 57 Jahren wurde er auf der nordfriesischen Insel Nordstrand geboren, wurde Diplomagraringenieur, 1983 Bundestagsabgeordneter. Bei der Bundestagswahl 2002 war er der einzige schleswig-holsteinische CDU-Kandidat, der seinen Wahlkreis direkt erobern konnte.

Seine Stärke in Berlin ist seine Schwäche in Schleswig-Holstein: Hier trat er nie an herausgehobener Stelle an die Öffentlichkeit. Sein Wirkungsplatz war die Bundeshauptstadt. Aber als die schleswig-holsteinische CDU, die sich seit vielen Jahren durch besondere Streitlust vor allem gegenüber den eigenen Leute auszeichnet, einen Gegenkandidaten gegen die beim Volk populäre Ministerpräsidentin Heide Simonis suchte, stellte sich heraus, daß sich die Matadore aus der "Partei der Mitte" gegenseitig demontiert hatten. Übriggeblieben war Carstensen, der sich im fernen Berlin aus den Grabenkämpfen zwischen Nord- und Ostsee herausgehalten hatte. Als guter Parteisoldat war er bereit.

Gern bezeichnet er sich selbst als konservativ, doch ist diese Einstellung wenig intellektuell unterbaut. Patriotismus, das ist für ihn Heimatliebe und soziales Engagement. Er hat eine "positive Grundeinstellung zum eigenen Land", distanziert sich aber von einem "verklärten Nationalismus". Angela Merkel kann sich auf ihn verlassen - wie er sich auf sie, soll sie doch im Oktober 2004 den versuchten Putsch einiger Unterhäuptlinge gegen den endlich gefundenen Spitzenkandidaten verhindert haben.

Angriffspunkte gegen Rot-Grün gibt es genug. Die finanzielle Lage des Landes ist katastrophal. Obwohl die Landesregierung nahezu den gesamten Besitz des Landes verkauft hat, sitzt sie auf einem Schuldenberg von 21 Milliarden Euro, für den alljährlich 940 Millionen Zinsen gezahlt werden müssen. Carstensen will in der kommenden Legislaturperiode durch Personalabbau den Haushalt um 100 Millionen Euro entlasten und zehn Jahre lang je 50 Millionen weniger ausgeben.

Er will mehr Lehrer einstellen und das gegliederte Schulsystem erhalten, während Rot-Grün die Einheitsschule ansteuert. Der Wahlausgang im Februar ist offen. Nach letzten Befragungen würden 39 Prozent der Wähler ihre Stimme der CDU geben und 38 Prozent der SPD. Die FDP käme auf sechs Prozent, die Grünen auf zehn. Mit drei Prozent könnte der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) der dänischen Minderheit das Zünglein an der Wage sein.

Derzeit würden ihn bei einer Direktwahl nur 31 Prozent der Schleswig-Holsteiner zum Ministerpräsidenten wählen. Doch vergehen bis zur Wahl noch sechs Wochen. Bis dahin kann Carstensen schulterklopfend und fröhlich lachend durchs Land ziehen und mit Optimismus seinen Bekanntheitsgrad steigern.


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