© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/04 03. Dezember 2004

Absage an eine rechte Volksfront
Republikaner: Bundesparteitag stimmt für klare Abgrenzung zur NPD / Rolf Schlierer als Vorsitzender wiedergewählt
Andreas Graudin

Es war kein echter Richtungsparteitag, eher ein Klarstellungsparteitag. Er wurde notwendig, weil nach dem Einzug der NPD in den sächsischen Landtag vereinzelt parteiintern - vor allem aber von außerhalb - immer wieder Forderungen aufkamen, die bisher geltende scharfe Abgrenzung der Republikaner zur NPD aufzugeben und zumindest Wahlabsprachen zu treffen.

Vor diesem Hintergrund war für die 1983 von ehemaligen CSU-Mitgliedern gegründete Rechtspartei die Frage erneut zu beantworten: Welche Ziele? Welche Wege? Wer paßt zu Weg und Ziel? Der alte und neue Bundesvorsitzende Rolf Schlierer formulierte in seiner Grundsatzrede die deutliche Botschaft: "Wir sitzen mit der NPD nicht in einem Boot", und am Applaus der Delegierten zeichnete sich bereits früh eine breite Zustimmung zu diesem Kurs ab. Die Vielfalt des rechten Spektrums sei kein Ausdruck von Gruppenegoismus, sondern die Konsequenz von inhaltlich zum Teil unvereinbaren Positionen. Nach den moderaten Tönen aus der Zeit des schwebenden Verbotsverfahrens lasse die NPD nun die Maske fallen. Es gebe keine Gemeinsamkeit mit Leuten, die "ein viertes Reich in der Nachfolge der Regierung Dönitz oder einen geläuterten Nationalsozialismus", den es nicht gebe, zum Ziel hätten. "Ein Schwadronieren im Ton der zwanziger und dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts über den Umsturz oder über den Marsch auf Berlin" sei nicht Sache der Republikaner, sagte Schlierer. Die NPD sei die "Vertreterin eines Nationalsozialismus". "Irgendwie für Deutschland zu sein", reiche als gemeinsame Basis nicht aus.

DP und DSU als mögliche Partner für ein Wahlbündnis

Der Fehler sei nicht die Verfassung, sondern die Verfassungsrealität. Schlierer betonte: "Es gibt für uns keinen gemeinsamen Weg mit denen, die den Staat beseitigen wollen, und demzufolge auch keine rechte Volksfront mit Beteiligung der Republikaner." Streckenweise ließ Schlierer seiner Verbitterung über die NPD freien Lauf. Die Partei erhoffe sich die Spaltung der Republikaner und der Deutschen Partei. Nach K-Gruppen-Methode wolle sie dann die Splitter übernehmen. In der Vergangenheit habe die NPD immer wieder gegen die Republikaner gehetzt. Eine Wahlkampfzeitung der NPD habe ihn homosexueller Neigungen bezichtigt. In Sachsen seien im vor der Wahl einzelne Funktionäre von der NPD "eingekauft" worden, die die Wahlteilnahme der Republikaner hintertrieben hätten. Für sie gebe es keine Rückkehr in die Partei.

Die Republikaner stünden für einen "Verantwortungspatriotismus mit Augenmaß", sagte Schlierer. Mögliche Partner für ein Wahlbündnis zur Bundestagswahl seien daher die DP und die DSU. Die Vorsitzenden beider Parteien, Heiner Kappel und Roberto Rink, sprachen Grußworte. Rink ließ dabei durchblicken, daß es dann wohl zu keiner Bundesliste, sondern zu Landeslisten kommen würde. Kappel bezog die DVU in seine Bündnisüberlegungen mit ein. Schlierer ließ dies offen.

Die Republikaner führen Gespräche mit der FPÖ mit dem Ziel der Bildung einer gemeinsamen Liste für die Europawahl 2009. In der Aussprache zur Rede des Vorsitzenden brachte dann der Kreisvorsitzende des Kreisverbandes Würzburg, Berthold Seifert, noch ein gewichtiges Argument gegen Absprachen mit der NPD. Mit Hinweis auf den Grad der Unterwanderung der NPD durch die Verfassungsschutzbehörden meinte er, man könne sich dann auch gleich mit dem bayerischen Innenminister Günther Beckstein persönlich an einen Tisch setzen.

Die Befürworter eines vorsichtigen Dialogs mit der NPD - zu mehr war ohnehin niemand bereit - kamen vorwiegend aus den Landesverbänden Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, die den derzeitigen Aufwind der NPD unmittelbar spüren und wo die kommunalpolitische Verankerung der Republikaner eher schwach ist.

Eine Mehrheit von rund 95 Prozent der 265 Delegierten nahm den Leitantrag des Bundesvorstands an, in dem es heißt: "Es kommen gemeinsame Aktivitäten und Kandidaturen mit der NPD nicht in Betracht." Die DVU blieb unerwähnt. Insofern ist der Beschluß von Veitshöchheim am vergangenen Wochenende eine Modifikation: Im Ruhstorfer Beschluß von 1990 war die DVU noch genannt. Der Wink mit dem Zaunpfahl für den Fall, daß die "rechte Volksfront" an inneren Widersprüchen zerbrechen sollte.

Herausforderer von Schlierer für das Amt des Bundesvorsitzenden war der Rechtsanwalt Björn Clemens aus Düsseldorf, der sich unter großem Beifall und rhetorisch geschickt in Szene setzte. Er betonte, daß es im Fall seiner Wahl keine Aufweichung des Abgrenzungsbeschlusses zur NPD geben werde, obwohl er sich zuvor in einem auf dem Parteitag zirkulierenden Positionspapier gegen ein "Kontaktverbot" ausgesprochen hatte.

Schlierer braucht bis 2006 einen Wahlerfolg

Der neue Abgrenzungsbeschluß schließt allerdings informelle "Kontakte" zur NPD nicht aus. Clemens' Lageanalyse war schonungslos: "Wir haben nicht mehr die Meinungsführerschaft im rechten Lager. Wir spielen gegen den Abstieg." Seine Absicht, die Jugendarbeit "zur Chefsache zu machen", spiegelt ein echtes Defizit. Sein Ergebnis war mit 99 Stimmen mehr als ein Achtungserfolg. Er wird es mutmaßlich beim nächsten Mal wieder versuchen. Schlierer erhielt 145 Stimmen. Uschi Winkelsett, Haymo Hoch, Björn Clemens und Johann Gärtner besetzen wie bisher die vier Stellvertreterposten. Bundesschatzmeister ist Rolf Goertz, Bundesschriftführerin Monika Ewert.

Merkel als Kanzlerkandidatin der CDU/CSU könnte sich als Glücksfall für die Republikaner erweisen. Die Stimmen der Partei kommen nicht vom rechten Rand, sondern aus der Mitte der Gesellschaft, dem sozial gefährdeten Mittelstand. Das sind weit mehr als fünf Prozent, und damit ist die Union Hauptgegner der Republikaner. Rolf Schlierer kündigte an, das soziale Profil der Partei schärfen zu wollen. Er räumte ein, auf die Hartz-IV-Proteste zu spät reagiert zu haben. Eine Betonung christlicher Werte, die sicherlich den Einstellungen der große Mehrheit der Mitglieder entsprechen dürfte, könnte darüber hinaus die Republikaner sogar zur authentischen "Abendlandpartei" machen, nachdem in der Union bezüglich Türkeibeitritt zur EU alle Dämme brechen.

Die Partei hat punktuelle Erfolge vorzuweisen. Schlierer verwies auf durchgehend gute Ergebnisse bei der Kommunalwahl in Rheinland-Pfalz mit Spitzenergebnissen von etwa zwölf Prozent. Die kommunalpolitische Kompetenz sei die "vertrauensbildende Maßnahme" für die Bürger, auf der man aufbauen müsse. Schlierer braucht bis 2006 einen möglichst spektakulären Wahlerfolg; das Wählerpotential dazu ist vorhanden. Neben dem sozial gefährdeten Mittelstand könnten das die wertkonservativen Wähler und Nichtwähler sein, die Merkel weder integrieren kann noch will und die seit Jahren mit Widerwillen CDU wählen.

Gelingt Schlierer bis 2006 nicht der Einzug in wenigstens einen Landtag, geben die Republikaner ihre Vorrangposition rechts von CDU/CSU unweigerlich ab. Vor allen Dingen in Mitteldeutschland wird die Partei kämpfen müssen. Im Nordosten gibt es für die Republikaner noch viele verwaiste Kreise und nur wenige Mitglieder. Dort sitzt zum Teil die DVU, und um die Jugend "kümmert" sich die NPD und ihr "kameradschaftlicher Anhang".

Der Sprung nach vorn kann gelingen, wenn die Republikaner Selbstvertrauen haben, nicht auf die NPD schielen oder sich mit ihr vergleichen, denn von Programm, Personal und Wählerpotential sind sie grundverschieden.

Foto: Rolf Schlierer auf dem Parteitag in Veitshöchheim: Sammlung der demokratischen Rechten angestrebt


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