© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/04 26. November 2004

Zeitschriftenkritik: Bayernkurier
Intellektuelle Lustlosigkeit
Thorsten Thaler

Als der Bayernkurier, die Parteizeitung der CSU, vor vier Jahren ins Straucheln geriet, wurde die bis dahin von Wilfried Scharnagl geleitete Wochenzeitung einer radikalen Umgestaltung unterzogen. An die Spitze der Redaktion rückte der vormalige München-Korrespondent der Welt, Peter Schmalz, und das leicht angestaubt wirkende Blatt erhielt ein etwas aufgelockert-trendiges, farbiges Layout. Inhaltlich änderte sich freilich wenig, der Bayernkurier blieb "ein Vereinsblatt zur Information und Munitionierung der CSU-Anhänger", wie es in einer Zeitschriftenkritik dieser Zeitung hieß (JF 17/02). Mehr noch: "Die Hoffnung, daß er sich zu einer geistig eigenständigen, konservativen Alternative in einer fast durchweg linksliberalen Zeitungslandschaft entwickeln würde, muß man sich endgültig abschminken."

Inzwischen sind nicht nur weitere zweieinhalb Jahre ins Land gezogen, seit der aktuellen Ausgabe kommt der jeweils freitags erscheinende Bayernkurier auch mit einem abermals neuen Gewand daher. Die Schrift ist größer, der Zeilenabstand weiter geworden, Rubriken und Ressorts sind neu angeordnet. Doch um es vorwegzunehmen: An dem zitierten Urteilsspruch von damals brauchen keine Abstriche vorgenommen zu werden.

Natürlich erwartet niemand von einer Parteizeitung, daß sie die Hand beißt, die sie füttert. Umgekehrt jedoch muß die Frage statthaft sein, ob Überschriften wie "Zukunftsfähig und solidarisch" sowie "Klare Werte - klarer Kurs" auf der Titelseite der Weisheit letzter Schluß sind. CSU-Mitglieder sind bekanntlich schon katholisch, und neugierige Trittbrettleser dürfte soviel intellektuelle Lustlosigkeit eher abschrecken. Wenig anregend ist auch ein ganzseitiges Interview mit Edmund Stoiber, bei dem nur schwer zu entscheiden ist, was mehr Kopfschütteln auslöst: die harmlosen Fragen von Bayernkurier-Chef Schmalz, der sich ganz auf die Rolle des Stichwortgebers beschränkt, oder die vorgestanzten, inhaltsfreien Antworten des CSU-Vorsitzenden. Als Stoiber zur Konjunktur christlicher Werte in Europa und der Aufregung um den wegen seiner privaten katholischen Überzeugungen als italienischer EU-Kommissar abgelehnten christdemokratischen Spitzenpolitiker Rocco Buttiglione gefragt wird, geht der CSU-Regent mit keinem einzigen Wort auf diesen Skandal ein. Statt dessen sagt er Sätze wie: "Die Welt verändert sich in dramatischer Geschwindigkeit." Oder: "Die Menschen sehnen sich nach grundlegender Orientierung."

Die will der Bayernkurier dann offenbar zumindest beim Thema private Vermögensanlage geben. Auf sieben Seiten (von insgesamt 24) bietet das Blatt Interviews und PR-Texte zu Lebensversicherungen, Bausparverträgen, Sparbüchern, Rentenpolicen, Wertpapier- und Immobilienfonds, Depotgebühren, Steuerprivilegien, ergänzt um Anzeigen von Banken, Versicherungs- und Immobilienunternehmen. Nur Übelmeinende können hier ein Geschäft auf Gegenseitigkeit wittern. 

Anschrift: Bayernkurier, Nymphenburger Str. 64, 80335 München. Das Jahresabo kostet 75 Euro (ermäßigt 40 Euro), der Einzelpreis am Kiosk beträgt 1,70 Euro.


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