© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/04 26. November 2004

Ein Schlag ins Gesicht
von Alexander Griesbach

Es klingt nach einer großen Geste - ist aber nichts anderes als das Einknicken vor dem diplomatischen Druck der USA: Die Gläubigerländer des Irak erleichtern dem kriegszerstörten Land den Neustart. Sie verabredeten letzte Woche einen Erlaß der irakischen Auslandsschulden von bis zu 80 Prozent in drei Stufen. Allein Deutschland schuldet der Irak ohne Zinsen rund 6,2 Milliarden Dollar. Fünf Milliarden sollen nun abgeschrieben werden - trotz leerer Kassen. Die deutsche Bauindustrie, die davon massiv betroffen ist, schließt eine Klage nicht aus. "Von wirtschaftlichen Erwägungen kann hier nicht mehr die Rede sein. Dieser Beschluß ist politisch motiviert - und die deutsche Bauindustrie zahlt die Zeche!" kritisierte Michael Knipper vom Hauptverband der deutschen Bauindustrie.

Gleichzeitig wurden laut US-Verteidigungsministerium insgesamt 26 Großprojekte im Wert von 18,6 Milliarden Dollar ausgeschrieben. Die Aufträge sollen Unternehmen aus denjenigen Staaten vorbehalten bleiben, die sich mit den USA in die "Koalition der Willigen" eingereiht haben. Ein Vorgang, der aus deutscher Sicht einen Schlag ins Gesicht darstellt. Er kann als Musterbeispiel für die Art und Weise, wie die Bundesregierung deutsche Interessen wahrnimmt (oder besser: nicht wahrnimmt), angesehen werden. Was hätte Schröder, Eichel oder Fischer daran hindern können, den Verzicht auf die Rückzahlung der irakischen Auslandsschulden mit der Forderung zu verbinden, daß deutsche Unternehmen beispielsweise bei der Auftragsvergabe für diese Projekte berücksichtigt werden?


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