© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/04 29. Oktober 2004

Meldungen

Zukunft der Demokratie im Verfassungsstaat

TÜBINGEN. 1997 wies der Verfassungsrichter Paul Kirchhof 1997 gut versteckt im neunten der dicken Bände des von ihm mitherausgegebenen "Handbuchs des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland" auf die kaum noch "schleichend" zu nennende "Entparlamentarisierung" des deutschen Verfassungssystems hin. Ein Kollege stimmte ihm darauf zu: Die Entwicklung sei richtig erfaßt, "aber in ihrer zerstörerischen Wirkung so unaufhaltsam, daß man sie besser nicht in das Licht des Rechtlichen und in das Bewußtsein der Menschen rücken möge". In solchen Bekundungen zeigt sich die große ideologische Affinität zwischen Staatsparteien und Staatsrechtslehre. Denn diese Einlassungen erinnern nicht von ungefähr an die Strategie der Kartellparteien, alle politisch essentiellen Themen im Wahlkampf zu vermeiden. Kirchhof denkt da anders, wenn auch in höchst moderater Form. Immerhin scheint ihm die "Entparlamentarisierung" heute so weit fortgeschritten, daß er sich öffentlich um "Die Zukunft der Demokratie im Verfassungsstaat" sorgt (Juristen-Zeitung, 20/04). Die Gefahr werde noch dadurch wesentlich erhöht, daß "immer weniger Menschen in einem schwächer werdenden Zusammenhalt vereinigt" seien. Kirchhof versteht darunter den "Verlust ethischer Gewißheiten" in einer multikulturellen "weltoffenen Gesellschaft". Beschleunigt werde die "Schwächung der Kulturgemeinschaft" durch die "familienfeindliche Struktur der gegenwärtigen Berufs- und Wirtschaftsordnung", die Kirchhof jedoch für alternativlos hält.

 

Widersprüchliches zum Bachelor-Abschluß

FRANKFURT/ DÜSSELDORF. Vergangene Woche noch berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung, daß der neu eingeführte Bachelor-Abschluß von den meisten nordamerikanischen Universitäten beargwöhnt und wegen der teilweise nur dreijährigen Studiendauer auch nicht anerkannt werde. Die FAZ stützte sich dabei auf die Befragung des Institute of International Education (IIE) und der Agentur Educational Credential Evaluators. Peter Gaehtgens, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, bestritt umgehend diese Meldung, die er als "unverantwortliche Panikmache" und dem Ansehen des Europäisierungsprozesses schadend qualifizierte. Generelle Anerkennungsprobleme seien ihm nicht bekannt. Doch auch der Vorsitzende der Bundesapothekenkammer lehnt den Bachelor ab, da dieser selbst in Großbritannien nicht anerkannt werde. Laut Beschluß des Deutschen Apothekertages wurden vor zwei Wochen Bachelor und Master-Abschlüsse für die Pharmazie abgelehnt (Deutsche Apothekerzeitung DAZ, Nr. 41/04).

 

Verhältnis der Eltern beeinflußt Geschlecht

BOSTON. Während der vergangenen Jahre hat sich das Geschlechterverhältnis bei Geburten in den Industrienationen deutlich zuungunsten von Jungen verändert. Als beeinflussende Faktorenfür dieses Phänomen wurden bislang eine schlechte Ernährung oder Untergewicht der Mutter, emotionaler oder physischer Streß und der Einfluß von Chemikalien angenommen. Doch auch die Beziehung zwischen den Eltern könnte eine Rolle spielen, entdeckte die US-Wissenschaftlerin Karen Norberg vom Nationalen Büro für ökonomische Forschung bei der Auswertung der Daten von vier großen Studien, in denen insgesamt 86.000 Geburten in mehr als 61.000 Familien untersucht worden waren. Demnach bekommen zusammenlebende Elternpaare im Durchschnitt um 14 Prozent mehr Söhne als getrennt lebende, bei denen sich nur ein Elternteil um den Nachwuchs kümmert (Proceedings of the Royal Society: Biological Sciences, Online-Vorabveröffentlichung). Mögliche Gründe könnten eine Veränderung im hormonellen Zustand oder auch die im Durchschnitt häufigeren sexuellen Kontakte sein.


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