© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/04 29. Oktober 2004

Einwanderung mit Brautstrauß
Heiratsimmigration I: 776.000 Deutsche haben einen ausländischen Ehepartner / Oftmals gibt es Integrationsprobleme
Josef Hämmerling

Die - wenn auch nur leichte - Verschärfung des Asyl- und Aufenthaltsrechts in Deutschland führt verstärkt dazu, daß Ausländer nach Schlupflöchern suchen. Und als eines dieser Schlupflöcher entpuppt sich mehr und mehr die Hochzeit mit einer deutschen Frau. Die Zahl der, wie es im Amtsdeutsch heißt, "binationalen Eheschließungen" und auch der sogenannten "Hochzeitsmigration" seit Jahren kontinuierlich zu. Insgesamt 766.000 Deutsche hatten im Jahr 2001 einen ausländischen Ehepartner.

Diese vor allem in den vergangenen Monaten deutlich zugenommenen Eheschließungen riefen nun auch die Sicherheitsbehörden auf den Plan. Sie stellten fest, daß vor allem Islamisten und ausreisepflichtige Ausländer diese Gesetzeslücke entdeckt haben.

Als besonderes Sicherheitsrisiko gilt nach Ansicht des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz derzeit Dänemark. Die Verfassungsschützer fanden nämlich heraus, daß zuletzt gleich mehrere Verdächtige das liberale Familienrecht in Deutschlands nördlichem Nachbarstaat nutzten, um etwa in Tondern oder Sonderburg ohne viele Formalitäten eine deutsche Frau zu heiraten und dadurch ein ständiges Aufenthaltsrecht für Deutschland zu bekommen.

Ein weiterer Trick ist die zunehmende Anerkennung von Vaterschaften durch Ausländer. Nach Feststellung der Behörden nahezu aller Bundesländer waren zwischen April 2003 und April 2004 rund 70 Prozent der Ausländer, die ein uneheliches Kind als Vater anerkannten, ausreisepflichtig.

Deutsche Behörden werden immer öfter stutzig

Diese Entwicklung wird von den zuständigen Experten mit großer Sorge betrachtet. Die Innenministerkonferenz nimmt das Problem sogar so ernst, daß sie eine Arbeitsgruppe bildete. Diese schlug nun vor, gesetzlich zu regeln, daß alle von ausreisepflichtigen Ausländern anerkannten Vaterschaften vor Gericht angefochten werden können. Bislang war dies nicht bzw. nur unter ganz bestimmten Bedingungen möglich.

Die Ausländerbehörden wurden dabei schon immer stutzig, wenn einer der Ehepartner keine Aussicht auf Anerkennung als politischer Verfolgter hatte bzw. aus einem Land kam, dessen Angehörige normalerweise keine dauernde Aufenthaltsberechtigung für Deutschland bekommen. Neben den Ausländerbehörden sind nach dem am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen neuen Eheschließungsrecht auch die Standesämter zur Mithilfe aufgefordert. Sie müssen eine Eheschließung verweigern, wenn "konkrete Anhaltspunkte" dafür bestehen, daß eine Ehe nur pro forma abgeschlossen werden soll. Als Indiz hierfür gelten unterschiedliche Vorstellungen der Partner über die gemeinsame Lebensführung.

Eingeschränkt wurde dies allerdings durch ein Grundsatzurteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 2000 (Aktenzeichen: 12 TG 2545/99) und einen Erlaß des Auswärtigen Amtes vom Februar 2001. Danach ist bei einer wirksam geschlossenen Ehe grundsätzlich davon auszugehen, daß diese auch ernst gemeint ist. Wenn die Behörden prüfen wollen, ob eine Scheinehe vorliegt, müssen sie einen "triftigen Grund" für diesen Verdacht vorlegen. -Doch selbst bei vorliegenden Verdachtsmomenten schloß das Bundesverfassungsgericht es als unzulässig aus, den Eheleuten die Beweispflicht aufzuerlegen, daß es sich um eine wirkliche Ehe handelt. Gebe es aber dennoch Zweifel, so habe Artikel 6 Grundgesetz (Schutz von Ehe und Familie) Vorrang.

Ein anderes Problem ist die Hochzeitsmigration. Hierunter versteht man, wenn in Deutschland aufgewachsene junge Moslems sich einen Ehepartner aus ihrer Heimat suchen. Dieses ist besonders bei Türken heute noch Usus. Einem Bericht der Sendung "Zeitfragen" des Deutschlandradio Berlin vom 12. September zufolge kommen jährlich ungefähr 13.000 junge türkische Migranten nur zwecks einer Hochzeit nach Deutschland, davon etwa 8.000 Frauen.

Diese werden dann aber von ihren strenggläubigen, muslimischen Ehemännern in den Wohnungen eingesperrt bzw. ihnen wird eine Integration ins deutsche Leben dadurch nahezu unmöglich gemacht.

Leben in Deutschland nach islamischen Regeln

Wesentlichen Anteil an dieser Ghettoisierung hat die islamistische Organisation Milli Görus, die mit circa 30.000 Mitgliedern und 300.000 Besuchern eine der größten Organisationen ihrer Art in Deutschland ist. Die vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppierung will das Leben der Moslems auch in Deutschland nach islamischen Grundsätzen gestalten.

Wie sehr diese islamistischen Organisationen gegen die Integration arbeiten, läßt sich an folgendem Beispiel ablesen: So gab das Oberverwaltungsgericht Münster türkischen Eltern recht, die sich auf die Kamel-Fatwa beriefen, ein religiöses Gutachten der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen. Demzufolge dürfen Mädchen und Frauen ohne Begleitung eines männlichen Verwandten nicht an Klassen- oder Studienfahrten teilnehmen, wenn die Entfernung größer als 81 Kilometer ist. Denn das ist die Strecke, die ein Kamel während einer Tages- und Nachtreise zurücklegen kann!

Ebenfalls aufgrund der Vorschriften des Islams wird von der überwiegenden Anzahl der Türkinnen auch die absolute Unterordnung unter den Mann widerspruchslos anerkannt. So akzeptieren nach einer Umfrage der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu 39 Prozent der mehr als 8.000 befragten türkischen Ehefrauen das "Recht" ihres Ehemannes, sie schlagen zu dürfen. Dies gelte besonders bei den folgenden Fällen: Verweigerung des Geschlechtsverkehrs, Vernachlässigung der Kinder, einem verschwenderischen Lebensstil und auch dann, wenn eine Frau ihrem Mann widerspricht oder Mahlzeiten anbrennen läßt.

Zwar war die Zustimmung hierzu im mehr industrialisierten Westen der Türkei mit 33 Prozent niedriger als im streng religiösen Osten mit 49 Prozent. Dennoch zeigt es aber, daß es auch heute noch für Türkinnen so gut wie unmöglich ist, sich in einem anderen Land zu integrieren oder ihren Kindern eine Integration in ihr neues Heimatland zu ermöglichen.


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