© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/04 22. Oktober 2004

Frisch gepresst

Türkische Gefahr. Dem promovierten Orientalisten und Wirtschaftsanalytiker Hans-Peter Raddatz ist mit seinem jüngsten Buch über den EU-Beitrittskandidaten ein politischer Kriminalroman gelungen, den man erst wieder aus der Hand legt, wenn die letzte Seite erreicht ist. Vermitteln die ersten Kapitel einen profunden Einblick in die türkische Geschichte des letzten Jahrtausends, in die kollektive Identität eines Volkes, das nie in der Moderne angekommen ist, so beschäftigt sich der zweite Teil mit dem "Machtspiel" um Ankaras EU-Beitritt. Dabei gelingen Raddatz ebenso brillante wie bestürzende Analysen des proislamischen bundesdeutschen Leitkartells und seiner "aggressiven Migrationslobby", die von Gutschkers "Volk" sicher nicht an der Realisierung des mit "Toleranz-" und "Bereicherungs"-Phraseologie abgestützten "multikulturellen" Lieblingsprojekts gehindert werde - nicht zuletzt, weil unsere politische Klasse bereits eng mit den mächtigen mafiotischen Strukturen des türkischen Politestablishments verzahnt sei. Mit derart brisanten Befunden, die einen Schlüssel zum Verständnis gegenwärtiger politischer Prozesse in die Hand geben, liefert Raddatz zwar ein klassisches Stück "Aufklärung", hat aber wohl leider keine Chance, je mit Steuergeldern subventioniert via Bundeszentrale für politische Bildung großflächig Leser zu erreichen (Die türkische Gefahr? Risiken und Chancen. Herbig Verlag, München 2004, 287 Seiten, gebunden, 22,90 Euro).

Ostbrandenburg. Durch den sechzigsten Jahrestag der Exzesse von Soldaten der Roten Armee in Ostpreußen wird wiederholt das Augenmerk auf die östlichste der deutschen Provinzen gelenkt. Doch gegenüber dem Schicksal des östlich der Oder gelegenen Teils Brandenburgs verblaßt sogar diese ostpreußische Tragödie. Der Stettiner Hans Ebert, der als Bombenflüchtling nördlich der Warthe seine Odyssee erlebte, schildert in einem autobiographisch gefärbten Roman die Schrecken des schon im Januar 1945 im Zuge der sowjetischen Oderoffensive eroberten Landstrichs zwischen Königsberg in der Neumark, Küstrin und Schwiebus. Nach weitgehender Zerstörung der Städte und den zahllosen tödlichen Übergriffen auf die Zivilbevölkerung nimmt der überlebende Rest (weniger als die Hälfte) die Vertreibung sogar noch als Erlösung von den Torturen der Besatzung wahr (Kennen Sie Ostbrandenburg? Haag und Herchen. Frankfurt am Main 2004, 247 Seiten, broschiert, 16 Euro).


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