© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/04 22. Oktober 2004

Frisch gepresst

Charles de Gaulle. In seinem de-Gaulle-Porträt erinnert Armin Mohler daran, daß der französische General von nicht wenigen seiner politischen Gegner als "ein tragikomischer Ritter von der traurig-unförmigen Gestalt" verhöhnt worden sei. In der Tat grundiert diese Einschätzung vor allem außerhalb Frankreichs auch das Urteil der Historiker über einen Mann, der anscheinend nur in Krisenzeiten benötigt wurde, während das sonst nicht vorzeigbare Fossil in seiner Höhle in Colombey-les-deux-Eglises zu verschwinden hatte. Daß sich solche Rezeptionsschablonen festigen konnten, geht auf ein allem "kulturellen Austausch" zwischen "Erbfeinden" trotzendes, tiefsitzendes bundesdeutsches Desinteresse an Geschichte und Kultur der Franzosen zurück - was mit französischer Gleichgültigkeit beantwortet wird. Wenn daher jetzt eine von Carlo Schmid übersetzte, von Brigadegeneral a. D. Reinhard Günzel bevorwortete und mit Mohlers de-Gaulle-Essay bereicherte, 1932 erstmals publizierte und fast schon kriegsphilosophisch zu nennende Betrachtung des Generals (Die Schneide des Schwertes. Edition Antaios, Schnellroda 2004, 150 Seiten, broschiert, 15 Euro) dem deutschen Leser zugänglich gemacht wird, liegt darin der zu begrüßende Versuch, den "interkulturellen" Dialog zwischen Deutschen und Franzosen etwas zu beleben und Wahrnehmungsraster aufzubrechen.

Sieger und Besiegte. Seit Richard von Weizsäckers Rede 1985 zum vierzigsten Jahrestag des Kriegsendes erobert seine Interpretation, die Deutschen seien am 8. Mai 1945 befreit worden, zunehmend den Diskurs. Das Buch von Volker Koop (Das Recht der Sieger. Absurde alliierte Befehle im Nachkriegsdeutschland. Be.bra Verlag, Berlin 2004, 176 Seiten, gebunden, 19,90 Euro) zeigt, wie unsinnig diese Theorie ist. Nicht nur Reparationen, Internierung, Zwangsarbeit und brutales Vorgehen, sondern auch das willkürliche Recht, mit welchem die Alliierten den besiegten Deutschen entgegentraten, dokumentierten dies zu deutlich. Da droht die französische Militärregierung des Saargebietes mit Kriegsgericht, falls Brieftauben nicht ordentlich gemeldet werden, US-Soldaten wurde in speziellen Broschüren geraten: "Halte Dein Mitleid zurück" und verboten, Deutschen die Hand zu schütteln. In der sowjetisch besetzten Hauptstadt stöhnten die Berliner unter der Richtlinie des Stadtkommandanten Bersarin vom 20. Mai 1945, die Moskauer Zeit einzuführen. Erst allmählich - unter dem stärker hervortretenden Ost-West-Konflikt - änderte sich insbesondere in "Trizonesien" das Verhältnis zu den Besiegten. Koop gelingt es, anhand dieser Stilblüten alliierter Nachkriegspolitik einer Verklärung derselben entgegenzutreten.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen