© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/04 08. Oktober 2004

Frisch gepresst

Schlüsselbegriffe. Für die Sonderausgabe des "Historischen Lexikons zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland", die "Geschichtlichen Grundbegriffe" (GG), kann der Verlag mit superlativischen Lobeshymnen wie jener von Ulrich Raulff werben, daß es sich um eins "von zwei, drei überragenden Monumenten der Geisteswissenschaften in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts" handle. In der Originalausgabe, deren Konzeption auf die sechziger Jahre zurückgeht und deren letzter Textband 1990 erschien, nach dem Tod von zweien (Otto Brunner und Werner Conze) der drei Herausgeber, war dieses regalmeterlange Monument mit fast 2.500 Mark nur für Bibliotheksetats erschwinglich (Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2004, sieben Bände plus zwei Registerbände, etwa 9.000 Seiten, 298 Euro). Daß jetzt eine erheblich preiswertere, kartonierte Studienausgabe auf den Markt kommt, ist daher freudig zu begrüßen. Das geisteswissenschaftliche Großunternehmen, das wesentlich von den geschichtsphilosophischen Ideen des überlebenden Editors Reinhart Koselleck inspiriert wurde und wegen seiner stark geistesgeschichtlichen Orientierung heute selbst schon Objekt historisierend-kritischer Betrachtungen geworden ist, informiert über den gesamten abendländischen Ideenkosmos, mit Schwerpunkt auf den neuzeitlichen politischen Schlüsselbegriffen. Allein der Artikel über die Begriffe "Volk und Nation" im Bedeutungswandel seit dem Mittelalter beansprucht 300 Seiten, und selbst jüngere Begriffsbildungen wie "Industrie" oder "Imperialismus" werden nicht unter fünfzig Seiten abgehandelt.

 

Alte Freunde. Der eine fotografiert Bäume und forscht lieber über den Kalten Krieg als über die Gegenwart, um nicht immer wieder Namen wie "Richard Perle" tippen zu müssen, der andere plant den Präsidenten der Vereinigten Staaten zu ermorden. Welcher von beiden die Vernunft auf seiner Seite hat, scheint lediglich eine Frage der Perspektive. Und diese, aus einem Washingtoner Hotelzimmer im Mai 2004, gibt den Blick und damit die Schußlinie aufs Weiße Haus frei. Der geneigte Leser wird wohl mindestens bis nach den Wahlen im November darauf warten müssen, daß die Elite der US-amerikanischen Schriftsteller wieder Literatur schreibt und keine als dialogische Romane verbrämten Pamphlete (Nicholson Baker, Checkpoint. Rowohlt Verlag, Reinbek 2004. 140 Seiten, broschiert, 12,90 Euro).


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