© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/04 01. Oktober 2004

Staatlicher Paßbetrug
von Peter Lattas

Nur komplett Ahnungslose konnten von der neuesten deutsch-türkischen Verstimmung überrascht werden. Daß hier lebende Türken sich gerne die doppelte Staatsangehörigkeit erschleichen, indem sie sich den soeben abgelieferten türkischen Paß sofort wieder beim nächsten Konsulat ausstellen lassen, ist lange bekannt. Daß türkische Behörden dabei stets augenzwinkernd mitmachen, ebenfalls. Neu ist also lediglich der schriftliche Beweis dafür, daß die türkische Regierung den Betrug von höchster Stelle deckt. Die deutsche Botschaft in Ankara kam in den Besitz eines Runderlasses des türkischen Innenministeriums vom 20. September 2001, der alle 81 Gouverneursämter und nachgeordnete Dienststellen anweist, von deutschen Behörden angeforderte Registerauszüge zu manipulieren. Jeder Hinweis auf doppelte Staatsangehörigkeit sei zu tilgen, da den Betroffenen sonst der Entzug des deutschen Passes drohe.

Ein dicker Hund, und keine Petitesse; es gehe um mindestens 50.000 illegale türkische Doppelstaatler, gab Außenamts-Staatssekretär Ugur Ziyal zu. "Ein solches Verhalten entspricht nicht dem, was man von einem EU-Beitrittskandidaten erwarten kann", monierten die deutschen Diplomaten denn auch zu Recht. Die offizielle Rücknahme des Erlasses macht nichts besser: Denn gemogelt und gefälscht wird bei türkischen Personenstandsurkunden munter weiter - zum Schaden des gastfreien Almanya. Die Erklärungsnöte der blauäugigen Befürworter eines Beitritts der Türkei werden täglich größer.


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