© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/04 10. September 2004

Meldungen

In Littens Namen gegen Folterknechte

BERLIN. Das Domizil der Berliner Rechtsanwaltkammer (BAK) liegt nahe dem Alexanderplatz und nennt sich "Hans-Litten-Haus". Historisches Fingerspitzengefühl verrät diese Namenswahl nicht gerade. Litten zählte als prominenter KPD-Anwalt zu den Wegbereitern der stalinistischen Diktatur, die 1933 in Deutschland vorerst nicht zum Zuge kam, was der Strafverteidiger mit KZ-Haft und 1938 mit dem Tod in Dachau bezahlte. Ungeachtet dieses etwas zwielichtigen Namenspatrons, dem die "Humanität" des sowjetischen Gulag-Staates nie einen Zweifel wert war, sieht sich die BAK als Avantgarde in Sachen Menschenrechte. Ihr "Menschenrechtsbeauftragter" und Vizepräsident, Bernd Häusler, zieht denn auch in der jüngsten Ausgabe des BAK-Hausorgans (Berliner Anwaltsblatt, 7-8/04) anläßlich des Internationalen Tages der Vereinten Nationen zur Unterstützung von Folteropfern gegen die Irak-Politik der "Allianz der Willigen und Feigen" zu Felde. Mit der überraschend schroffen Kommentierung der amerikanischen Folterpraxis im Irak lockert Häusler dabei die sonst gern betonte geistige "Westbindung" der Berliner Advokaten. Da die Welt dann aber doch am Wesen der deutschen "Zivilgesellschaft" genesen soll, geht Häusler schnell von US-Kritik zur Regierungsschelte über: Die rot-grüne Bundesregierung solle endlich ihre "leisetreterische Diplomatie" beenden und das UN-Zusatzprotokoll zur Anti-Folter-Konvention unterzeichnen. Dann könne sie mit "Glaubwürdigkeit draußen in der Welt" die Menschheit von allen Folterknechten befreien.

 

Menschen im Mittelalter waren größer als um 1700

COLUMBUS, OHIO. Im frühen Mittelalter sind die Menschen erstaunlich groß geworden. Mit einer Durchschnittsgröße von mehr als 1,73 Metern waren sie um einige Zentimeter größer als ihre Nachfahren im 17. Jahrhundert, hat Richard Steckel von der Staatsuniversität Ohio in Columbus herausgefunden. Gründe für die frühe Größe waren eine gute Ernährungslage dank des zu dieser Zeit recht milden Klimas mit guten Ernten und der geringe Kontakt zwischen vereinzelten Siedlungen. Steckel analysierte die Körpergröße von Menschen aus dem 9. bis zum 19. Jahrhundert anhand der Daten mehrerer tausend Skelettfunde aus Nordeuropa. Die durchschnittliche Größe nahm seit dem 12. Jahrhundert stetig ab und erreichte um 1700 mit 167 Zentimetern einen absoluten Tiefpunkt.

 

Um 1800 galt es ohne Zahnersatz zu überleben

HUSUM. Die Lebensverhältnisse einer historischen Ausnahmesituation, wie sie nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reichs von 1945 herrschten, muß man sich als Normalität des 18. und frühen 19. Jahrhunderts vorstellen. Diesen Eindruck vermittelt zumindest die ungewöhnlich "dichte Beschreibung" der Biographie von Johann Hinrich Garmsen (1722-1810), eines Arztes in Tondern. Die mikrologische Studie, die Eike von Hacht dieser historisch eigentlich völlig belanglosen Figur widmet (Natur- und Landeskunde. Zeitschrift für Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg, Heft 7/8), ist ein gelungenes Stück Alltags- und Mentalitätsgeschichte, die mit den medizingeschichtlichen Details und sozialhygienischen Schrecknissen eines heute nur schwer vorstellbaren alltäglichen Existenzkampfes vertraut macht.

 

Erste Sätze

Das von nachdenkenden Menschen empfundene Bedürfnis nach einer Deutung des eigenen menschlichen Daseins ist kein bloß theoretischen Bedürfnis.

Arnold Gehlen: Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt, Berlin 1940


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