© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/04 27. August 2004

Bildnis eines Augenmenschen
Kunstdruck Ernst Jüngers
Thorsten Thaler

Ernst Jünger und A. Paul Weber lernten sich Ende der 1920er Jahre kennen, als der Maler und Zeichner Jüngers Beiträge in der Zeitschrift Vormarsch illustrierte. Später begegneten sie sich auf dem Brümmerhof bei Soltau in der Lüneburger Heide, der seit 1932 dem Hamburger Großkaufmann Alfred Toepfer gehörte. Weber lebte dort mit seiner Familie bis zum Sommer 1936.

Für den "Augenmenschen" Jünger (Ernst Niekisch) war der anderthalb Jahre ältere A. Paul Weber neben Alfred Kubin und Rudolf Schlichter einer der wichtigsten zeitgenössischen Künstler. Bekannt wurde Weber in den zwanziger Jahren als Buchillustrator und, ab 1928, Mitarbeiter des Widerstands-Verlags von Ernst Niekisch. Für dessen 1932 erschienene Schrift "Hitler - ein deutsches Verhängnis" lieferte Weber fünf Federzeichnungen und das Umschlagmotiv, auf dem man ein Totengerippe in SA-Uniform, den Hitlergruß zeigend, über einer Menschenmenge sieht, die im Morast versinkt.

1935 malte Weber ein Porträt Ernst Jüngers. Es zeigt den damals 40jährigen Schriftsteller im Stil der Neuen Sachlichkeit, wie er in einem Sessel sitzend, mit ineinander verschränkten Händen, den Betrachter mit einem wachsamen, scharfen, leicht undurchdringlichen Blick taxiert. Einen sauber reproduzierten, mit 18,50 Euro preiswerten Kunstdruck dieses Porträts im Format 60x42 cm (mit Passepartout) bietet jetzt der Regin-Verlag an.

Rudolf Schlichter enttäuschte das Bild. In einem Brief an Jünger schrieb er, man spüre zu wenig "den geistigen Eros, die aggressive Spannung, kurzum Ihre Bedeutung". Allerdings konnte Schlichter auch sonst wenig mit der Kunst Webers anfangen. "Ich vermisse darin die Spannung von Freude und Schmerz", urteilte er in einem Brief an Ernst Niekisch. Jünger indes verteidigte Weber. In seiner Antwort an Schlichter schrieb er, Weber trete "frisch und unbefangen an die Dinge heran; er ist von einer Unbefangenheit, die in unserer modernen Zeit kaum noch glaublich ist".

Regin-Verlag: Am Mühlenbach 3b, 23847 Bliestorf. Tel. 0 45 01 / 82 27 68, Internet: www.regin-verlag.de


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