© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/04 20. August 2004

Frisch gepresst

Die neue SPD. Die derzeitigen Umfragewerte für die älteste parlamentarische Kraft im deutschen Bundestag müssen von der Volkspartei als noch beängstigender eingeordnet werden als ihr Mitgliederschwund. Dazu ist derzeit bei den Genossen ein Konflikt in der Wirtschafts- und Sozialpolitik zu beobachten, der eine Über-brückbarkeit der Positionen von "Neoliberalen" und "Sozialroman-tikern" kaum denkbar werden läßt. Vor diesem Hintergrund erscheint das neueste von der Friedrich-Ebert-Stiftung herausgegebene Werk (Die neue SPD. Menschen stärken - Wege öffnen. Dietz Verlag, 350 Seiten, Bonn 2004, 14,80 Euro) wie lautes Pfeifen im dunklen Keller. Denn obwohl allein der Titel einen programmatischen Aufbruch verheißt, ähnlich dem von New Labour 1994, ist der politische Gehalt der Aufsatzsamm-lung im Wust der Parteitagsrhetorik nur schwer auszumachen. Das wiegt um so schwerer, da in diesem Buch des sozialdemokratischen Think-Tank allerhand aufgeboten wird, was die Zukunft der Partei gestalten soll. Doch gerade die politische Reservebank mit Christoph Matschie, Ute Vogt, Sigmar Gabriel und Kurt Bodewig oder Hoffnungsträger wie Hans-Martin Bury und Martin Schwanholz lassen außer bekannten Politfloskeln keinen Reformansatz erkennen. Trotzdem haben einige Autoren dieser intellektuellen Linken den Mut, zumindest theoretisch über das Schlachten heiliger Kühe nachzudenken - sei es der großartige Aufsatz zur Föderalis-musreform des Politikwissen-schaftlers Fritz Scharpf oder die Sozialstaatskonzepte der jungen Bundestagsabgeordneten Kerstin Griese und Rolf Stöckel.

Nestbeschmutzer. Kein Werk aus der Vielzahl der kritischen Literatur zur US-Außenpolitik hat in den letzten Jahren so eingeschlagen und der Bush-Administration soviel Kopfschmerzen bereitet wie Richard A. Clarkes "Insiderbericht über Amerikas Krieg gegen den Terror". Dabei muß der Nuklearexperte aus dem Pentagon, der schon Reagan und Bush senior zu Diensten war, nicht spekulieren, welche Fehler Bush, Rice und Rumsfeld denn in den letzten vier Jahren gemacht haben. Als Nationaler Koordinator für Sicherheit, Infrastrukturschutz und Antiterrorpolitik, zu welchem er unter Clinton berufen wurde und welches Amt er auch unter George W. Bush weiterführte, saß er im Zentrum der Entscheidungen. So plaudert der Geheimnisträger, der auf eigenen Wunsch im März 2003 - also zur Zeit des Angriffs gegen den Irak - seinen Posten verließ, unbekümmert aus, wie zwischen Pentagon, Weißem Haus und Langley der "Kampf gegen den Terror" inszeniert wurde. Seine Schlüsse aus dem offenbarten Versagen dürften dem Präsidenten seinen Wahlkampf nicht unbedingt erleichtern (Against all Enemies. Hoffmann und Campe, Hamburg 2004, 384 Seiten, gebunden, 19,90 Euro).


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