© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/04 13. August 2004

Frisch gepresst

Carl Schmitt. Heute wie vor hundert Jahren ist das Rechts-referendariat eine eher öde Sache, abgesehen vielleicht von einer schwer zu bekommenden "Auslandsstation": in Tsingtau 1913 oder in Ruanda 2004. Der hochbegabte, doktorierte, aber bettelarme Carl Schmitt konnte sich solche Extravaganzen nicht leisten. Und im Dienst in der rheinischen Provinz erlebte auch der geniale, sich weit außerhalb der Juristerei umtuende Referendar Schmitt nicht mehr als Tausende Leidensgenossen vor und nach ihm in Düsseldorf und Umgebung. Seine Tagebücher aus den Zeit von 1912 bis 1915 sind daher auch ein hartes Brot. Erstaunlich in diesem Einerlei des banal Dienstlichen und des, sieht man einmal von einer sich zur Ehe verfestigenden Liaison mit einer Hochstaplerin ab, nicht sonderlich prickelnden Privaten, ist die fast komplette Ausblendung des Politischen. Auf den Ausbruch des Ersten Weltkrieges etwa reagiert Schmitt ebenso desinteressiert wie der sich ins Schwimmbad verfügende Franz Kafka, so daß nicht recht erkennbar ist, warum diese Edition nach dem Urteil von Bernd Rüthers (Juristen-Zeitung 9/04) ganze Türme von Schmitt-Literatur zu Makulatur werden lasse (Tagebücher. Oktober 1912 bis Februar 1915, herausgegeben von Ernst Hüsmert, Akademie Verlag Berlin 2003, 431 Seiten, Abbildungen, 44,80 Euro).

Monte Cassino. Der frühere Darmstädter Geographiedozent Manfred Schick hat anläßlich des sechzigsten Jahrestags Kämpfe um die "Bernhardlinie" und das italienische Kloster Monte Cassino südlich von Rom eine Sammlung von Schilderungen seiner damaligen Kameraden zusammengetragen. Aus der Perspektive verschiedener Truppenteile und Dienstgrade entsteht ein lebhaftes Bild dieser über ein halbes Jahr dauernden Schlacht, die durch die Zerstörung des Klosters aus dem vierten Jahrhundert durch US-Bombengeschwader traurige Berühmtheit erreichte. Dank der Kontakte, die verschiedene Veteranenverbände nach dem Krieg zum ehemaligen Feind aufbauten, konnten auch mehrere Beiträge gewonnen werden, die die Sicht der Alliierten verdeutlichen (Monte Cassino. Ein Rückblick nach 60 Jahren. Die Hoch- und Deutschmeister im Abwehrkampf. Verlag Buchdienst Südtirol, Nürnberg 2004, 378 Seiten, gebunden, 25,80 Euro).

Mitläufer. Lotte Lohde wurde 1915 in Berlin geboren. Nachdem sie in Eberswalde ihr Abitur absolvierte, studierte sie im Berlin der dreißiger Jahre Landwirtschaft. In ihrem Buch schildert sie ihre persönlichen Erfahrungen und Eindrücke über die Weimarer Republik wie auch über das NS-Regime. Sie schreibt über die damals den Nationalsozialismus mit der Hoffnung auf Besserung euphorisch begrüßenden Zeitgenossen. Auch Lohde war eine von diesen "Mitläufern". Im Rückblick auf die wirtschaftlich trostlose und depressive Weimarer Zeit spricht sie vor allem den Siegermächten des Ersten Weltkrieges die Schlüsselrolle für Hitlers politische Erfolge zu (Wir Mitläufer. Erinnerungen, Überlegungen, Vermutungen, S. Bublies Verlag, Schnellbach 2004, 255 Seiten, broschiert, 14,95 Euro).


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