© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/04 23. Juli / 30. Juli 2004

Meldungen

Nato: Verstetigung vorbeugender Einsätze

BERLIN. Während der "heißen Phase" des US-Engagements im Irak prophezeiten viele politische Kaffeesatzleser das Ende der Nato. Ein Jahr danach scheint das westliche Verteidigungsbündnis vor einer goldenen Zukunft zu stehen. So lautet der Tenor aller Beiträge für das Nato-Themenheft von Internationale Politik (6/04), dem von Ludger Vollmer, Volker Rühe und Hans Ulrich Klose zusammen mit Hans-Dietrich Genscher herausgegebenen Sprachrohr alt-bundesdeutscher Atlantiker. Das Bündnis, so die einhellige Ansicht der politikwissenschaftlichen Beiträge, stehe vor verschiedenen diffusen Bedrohungsszenarien, die von der Organisierten Kriminalität bis zum Terrorismus reichten. Darum müßten die Vertragspartner sich zum Umbau entschließen und aus der Nato eine "multifunktionale Sicherheitsagentur" machen. Dabei müsse über eine europäische Freiwilligenarmee genauso nachgedacht werden wie über eine Expansion in den Schwarzmeer- und Kaukasusraum. Rußland werde innerhalb der nächsten 15 Jahre, so Dimitrij Trenin, Direktor des Carnegie-Zentrums in Moskau, in diese Politik als "vollwertiger Partner" eingebunden. Für eine strategische Achse Paris-Berlin-Moskau, so der Hamburger Politologe August Pradetto, wie sie sich kurzfristig gegen die Irakpolitik der USA herausbildete, sei in diesem "großen Entwurf" kein Platz. Die Ausschaltung solcher europäischen Sonderwege sei eine wichtige Voraussetzung, um die nahöstliche Herausforderung anzunehmen. Dabei müsse auch das völkerrechtliche Instrumentarium so "elastisch" gehandhabt werden, daß die Prinzipien staatlicher Souveränität und des Gewaltverbots dann außer Kraft gesetzt werden können, wenn "die Bedrohung der Sicherheit dringlich und die Informationslage schlüssig genug" seien, um einen "vorbeugenden Militäreinsatz zu rechtfertigen".

 

Das Kantjahr an der Samlandküste

PINNEBERG. Bundeskanzler Schröder scheint entschlossen, die deutsch-russische Freundschaft nicht durch den Einsatz für mutmaßliche Großkriminelle zu belasten (JF 30/04). Und auch unterhalb der staatsmännischen Ebene verdichtet sich das Geflecht der im Verhältnis zur DDR einst so genannten "menschlichen Beziehungen". Dies gilt insbesondere für die Kontakte zu den Bewohnern des Moskauer Außenpostens an der Ostsee, der Exklave Königsberg. Die ehrgeizigste Veranstaltung dieses Sommers steht für Mitte August auf dem Programm: die "Kulturwoche der Samländer im Kantjahr" (Unser schönes Samland, 162. Folge/04). Deutsche Heimatvertriebene sowie Angehörige der jüngeren Generation treffen sich mit Russen ab 15. August im Ostseebad Rauschen. Im dortigen Kulturhaus präsentiert die Kreisgemeinschaft Fischhaus eine Ausstellung über das Bild samländischer Städte und Dörfer bis 1945 und die ostpreußische Landwirtschaft. Am 17. August zeigt Anatolij Bachtin auf einer Exkursion durch die "Vergessene Kultur" die weitgehend ruinierten Kirchen des Samlandes, während tags darauf ein "Kolloquium über deutsch-russische Geschichte" für junge Teilnehmer angekündigt ist, dem am 19. August ein Kantabend mit dem Präsidenten der russischen Kantgesellschaft folgen soll. Gespannt darf man sein, ob der neue deutsche Generalkonsul in Königsberg, Cornelius Sommer, der "nachgefragt du eingeladen" wurde, den Weg an die Samlandküste findet.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen