© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/04 23. Juli / 30. Juli 2004

Anke Engelke
Allein unter Frauen
von Ellen Kositza

Die "komische Frau" gibt es im deutschen Fernsehen bereits seit den sechziger Jahren: Man denke an Gisela Schlüter oder Helga Feddersen, später an Evelyn Hamann, Beatrice Richter oder an Esther Schweins, die zu Beginn des Comedy-Booms Mitte der neunziger Jahre kurzzeitig eine Leitfunktion in diesem Metier übernehmen durfte. Keine der Damen - von den zotigen Mittelklassekomödiantinnen ganz zu schweigen - aber hat sich so breitgemacht auf dem Unterhaltungssektor wie Anke Engelke.

Die 1965 in Montreal geborene Tochter eines Lufthansa-Managers wurde vor bald zehn Jahren durch das Privatfernsehen und ihre grandiosen Parodien zum Publikumsliebling. Daß die Künstlerin nicht nur witzig, sondern auch schön (mögen die Männer) und intelligent (mag das Feuilleton) ist, verhalf ihr zu einem für eine Frau beispiellosen Aufstieg im Showgeschäft. Der eigenen Band, Firma und Show folgte zuletzt die Übernahme der spätabendlichen Unterhaltungssendung des "kreativpausierenden" Harald Schmidt. Vielleicht hat die Engelke damit die Schwelle dessen überschritten, was gern als "Überpräsenz" bezeichnet wird und steht daher derzeit allseits in der Kritik. Unter den großen, oft überzogenen Gesten und den kleinen Hampeleien gerät in der Abendsendung die eigentliche Begabung der Wahl-Kölnerin ins Hintertreffen: Niemand vermag wie Engelke zwischen dutzenden deutschen und "ausländischen" Dialekten zu wechseln und so gekonnt in sämtliche Soziolekte deutschen Bieder- oder Bürgersinns. Nicht umsonst wurde Engelke dafür mehrmals mit dem Grimme- und dreimal in Folge mit dem Deutschen Comedy-Preis ausgezeichnet.

Dennoch hat seit dem Start von "AnkeLateNight" Mitte Mai weit über die Hälfte des Publikums "Nein, danke, Anke!" gesagt und abgeschaltet. Von einem Millionenpublikum - 2,4 waren es bei der Premiere - kann Engelke nur träumen; 700.000 Zuschauer dürfen heute als guter Schnitt gelten. Rudi Carell - ja, der lebt noch! - hatte bereits auf das Aus der Sendung gewettet, Lisa Fitz beschimpfte die Konkurrentin stutenbissig als "unintelligent und mager", Jeanette Biedermann warf ihr vor, verkrampft "so sexy wie eine Dreiundzwanzigjährige" wirken zu wollen.

Allein die eigene Altersklasse und das eigene Geschlecht hält in Treue fest zu ihrem role model: Frauen zwischen 30 und 39, so zeigen Umfragen, finden Anke klasse und baten den Sender massenhaft um eine Vorverlegung des Sendetermins (weil frühmorgens der Nachwuchs kräht). Dem Wunsch wurde stattgegeben, dreimal donnerstags kommt die Engelke jetzt früher, danach ist Sommerpause. Angeblich möchte sich die laut Exfreund Stuckrad-Barre "männermordende" Fernsehfrau in den Ferien ihrer siebenjährigen Tochter Emma widmen. Allein davon war bis vor kurzem keine Rede gewesen - Zuschauerbindung! -, und nun wird bereits von einem Herbst ohne Anke gemunkelt.


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