© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/04 23. April 2004

Süßliches vom Bösewicht
Saddam Husseins Prosaversuch
Werner Olles

Von einem gewissen Adolf H. ist bekannt, daß er neben der Malerei und der Architektur auch das Schreiben als sein Hobby betrachtete. Lenins Gesammelte Werke füllten einen ganzen Bücherschrank, die dreizehn Stalin-Bände immerhin noch ein Regal.

Recht fleißig war auch Mao-Tse-Tung, obwohl den meisten sicher nur das berühmte "Rote Buch" in Erinnerung ist. Ziemlich dröge erschienen einem die Werke des nordkoreanischen "geliebten Führers und Steuermanns" Kim Il Sung, ganz im Gegensatz zum "Grünen Buch" des libyschen Revolutionsführers Muammar al Gaddhafi, das seinen Lesern so überraschende Erkenntnisse wie "Die Frau ist ein weibliches Wesen" vermittelte. Und manchmal griffen gar die Tyrannen-Frauen ohne Schulabschluß zur Feder, wie Elena Ceausescu, die sich in ein paar Lehrbüchern der Probleme der Chemie annahm.

Die "Mutter aller Bücher" aber liegt nun mit Saddam Husseins "philosophischem Märchen nach dem Vorbild der Tausenundeinenacht" - so der Klappentext - "Zabiba und der König" vor. Nachdem es vor ein paar Jahren eher zufällig in einer Bagdader Buchhandlung entdeckt wurde, dürfen wir nun endlich teilhaben an dieser "scharfsinnigen Betrachtung über die Ausübung der Macht" und über die "Einsamkeit des absoluten Monarchen." So erlebt der Leser den "Kampf gegen feindselige Verschwörungen" und lernt die politischen Ansichten des Autors über den "Beitrag der Frau zur sozialen und nationalen Entwicklung" und die "Schaffung politisch aktiver Zwischenstellen zur Untermauerung der Glaubwürdigkeit eines Regimes" kennen. Doch selbst die "mutige Betrachtung der Sexualität in der arabischen Gesellschaft" wird dem verhinderten Anonymus, der in Obhut des US-amerikanischen Militärs in Katar auf seinen Prozeß wartet, wohl kaum den begehrten Literatur-Nobelpreis bescheren.

Was uns da als hohe Weisheit aus dem Morgenland angepriesen wird, ist leider nichts als Kitsch, und der wird nun mal nicht besser, wenn er im bunten, orientalischen Ornat daherkommt. Nichts einzuwenden ist jedoch gegen die Überweisung der Tantiemen des Diktators an den irakischen Roten Halbmond. 

Saddam Hussein: Zabiba und der König. Editio de facto, Kassel 2004, 269 Seiten, gebunden, 19 Euro


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