© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/04 23. April 2004

Frisch gepresst

Terror und Recht. So deutlich wollten wir es immer schon gern einmal hören: Es werde heute gern vergessen, "daß die deutsche Demokratie mit all ihren Wurzeln ein imperialistischer Oktroi war und ist". Der Bonner Politikwissenschaftler und "Atlantiker" Christian Hacke (siehe G&W in JF 17/04), der - hier selbst etwas vergeßlich - die eigene demokratische Tradition von der Mainzer Republik (1793) über 1848 bis zum Weimarer Staat für einen Kotau über Bord wirft, erinnert ein wenig an Friedbert Pflüger, den Westentaschen-Bismarck der CDU. Der versucht ja inzwischen, Kanzler Schröders mangelnde Solidarität für Bushs Irak-Desaster verantwortlich zu machen. Und in diesem Sinne lamentiert Hacke über den "steigenden Antiamerikanismus in Deutschland", der zum "Kennzeichen der Berliner Republik" avanciere. Man wundert sich darüber, was diese Polemik, mit der Hacke sich als Rumsfelds Pressesprecher empfehlen könnte, in einem Bändchen zu suchen hat, das der Bonner Staatsrechtler Josef Isensee zum Thema "Der Terror, der Staat und das Recht" (Duncker & Humblot, Berlin 2004, 108 Seiten, 28 Euro) herausgibt. Gehaltvoller scheinen hingegen die Reflexionen des Potsdamer Völkerrechtlers Eckart Klein, der fragt, ob das Völkerrecht nicht beim Terrorismus an sein Ende gelange. Doch zeichnet Klein jene seit einem Jahrzehnt währenden Bemühungen zwar informativ nach, das Aufeinandertreffen zwischen staatlich verfaßter und "privater" Gewalt verrechtlichen zu wollen. Da er aber selbst davon überzeugt ist, daß die "Weltgemeinschaft" den Krieg der Kulturen, den er mit Blick auf die extreme Armut eines Drittels der Menschheit erst im Anfangsstadium wähnt, mit dem herkömmlichen völkerrechtlichen Instrumentarium bändigen werde, läßt eine schon fast bemitleidenswerte Naivität vermuten. So beschwört Klein die "Bush-Krieger", sie mögen doch den Kampf gegen den Terrorismus bitte "in den Grenzen des Rechts" führen.

Kirchen schwarz-weiß. Die siebte Ausgabe der "Befunde und Berichte zur Deutschen Kolonialgeschichte" (AW Steffan, Gelnhausen 2004, 122 Seiten, broschiert, 19 Euro) nutzt die diesjährige Aufmerksamkeit für den vor einhundert Jahren stattgefundenen Herero-Krieg in der wichtigsten Kolonie des Deutschen Reiches. Nachdem sich die sechste Ausgabe genau der Vertiefung dieses Kolonialkrieges widmet, geht das aktuelle Werk auf eine bisher kaum beachtete Besonderheit ein. Durch die historisch bedingte Dreiteilung der evangelischen Kirche in zwei "schwarze" Kirchen (eine für das herrschende Volk der Ovambo, eine für die Herero, Nama und andere, kleinere Völker) und eine "weiße" (hauptsächlich für die kleine deutsche Minderheit) drücken sich trotz des gleichen Bekenntnisses trefflich die Schwierigkeiten im Vielvölkerstaat Namibia aus. Der frühere Leiter der "deutschen" Kirche, Landesprobst Kurt Kirschnereit, ordnet dieses religiöse Kuriosum gesellschaftspolitisch ein.

Terror im Namen Gottes. Seit dem 11. September 2001 sucht die Welt nach Erklärungsmustern für den islamischen Terrorismus. Der im kalifornischen Santa Barbara lehrende Soziologe Mark Jürgensmeyer vergleicht den "gewalttätigen Fundamentalismus" von Moslems, Juden, Christen, Sikhs und Buddhisten. Sein Versuch, religiösen Terrorismus als quasi "gewalttätige Globalisierungskritik" zu entmystifizieren, mißlingt jedoch im Ansatz (Terror im Namen Gottes. Ein Blick hinter die Kulissen des gewalttätigen Fundamentalismus. Herder Verlag, Freiburg i. Br. 2004, 384 Seiten, 26,90 Euro)


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