© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/04 16. April 2004

Meldungen

Schwarzes Loch der Rechtlosigkeit

BERLIN. Uwe Wesel, emeritierter Berliner Professor für Bürgerliches Recht, kann nicht aus seiner Haut. Im einst von Hans Magnus Enzensberger begründeten Kursbuch, dem Organ des linken Stammtisches (Heft 155/04), muß sein Beitrag über die völkerrechtswidrigen Praktiken im kubanischen Guantánamo mit einem US-freundlichen Diener einsetzen. Bei allem, was er kritisch über die Behandlung der Gefangenen dort vorbringe, vergesse er nicht, daß die USA das Land der Menschenrechte seien und man "in Washington 1941 beschlossen" habe, "Deutschland vom Faschismus zu befreien". Mit diesem Gemümmel ist Wesel aufgewachsen, dem Abspielen solcher Platten verdankt er seine Karriere als "kritischer Geist". Überliest man das großzügig, bleibt eine analytisch recht klare juristische Lösung des "Falles Guantánamo" übrig, die im Resultat sogar um die Reißfestigkeit von Wesels Westbindung fürchten läßt. Denn er läßt keinen Zweifel daran, daß die 660 Moslems dort unter klarer Mißachtung der Dritten Genfer Abkommens über die Behandlung von Kriegsgefangenen (1949) in ihren Käfigen sitzen. "Illegale Kämpfer", wie sie die Bush-Administration nennt, sehe das Völkerrecht nicht vor. Die Militärgerichte, durch sie demnächst abgeurteilt werden sollen, seien aufgrund einer "executive order" Bushs eingerichtet worden. Aber auch in den USA ersetzte diese Anordnung keine ausreichende gesetzliche Grundlage. Immerhin finde im Juli vor dem Obersten Gerichtshof eine Anhörung über die Klagen von Guantánamo-Angehörigen statt. Nur wenn die Richter gegen Bush entschieden, werden die USA nach Wesels Ansicht nicht als "schwarzes Loch ohne Recht und Gesetz" enden, als das dort bisher Kuba gelte.

 

Irak: Mit den USA für Ordnung sorgen

BONN. Unter jenen Politikwissenschaftlern, die den "atlantischen" Christdemokraten nahestehen, hat sich inzwischen herumgesprochen, daß ein "Scheitern der Ordnungsmacht USA" im Irak auch für europäische Interessen "verheerend" wäre. Der Bonner Politologe Christian Hacke, der seinen Beitrag für die Zeitschrift der Adenauer-Stiftung (Die politische Meinung, 3/04) mit dieser Warnung ausklingen läßt, plädiert deswegen für eine rückhaltlose Unterstützung der angeblich "zutiefst moralischen Demokratisierungsbestrebungen der USA" im ganzen Nahen Osten. Prämisse ist dabei, daß dieser schrankenlose Interventionismus von einer "einflußlosen Weltgemeinschaft" ohnehin nicht verhindert oder legitimiert werden könne. Nach 1989 sei nun einmal die "unipolare Weltordnung" entstanden. Gestaltungsanspruch und Handlungsfreiheit Washingtons seien seitdem "nahezu unbegrenzt". Daran dürfte sich auch nach einem Regierungswechsel nichts ändern. Fest davon überzeugt, daß diese "Hypermacht" auch im 21. Jahrhundert "für Ordnung sorgt", fordert Hacke europäische Gefolgschaft ein, da sich in Irak und Afghanistan, in einer selbstredend nur temporären "chaotischen Übergangssituation", die "Zukunft des Westens" entscheide. Die aber könnte auch mit europäischer Hilfe anders aussehen, als Hacke erhofft.

 

Erste Sätze

Soll in Zukunft einmal ein Bibliothekar in Zweifel geraten, in welches Fach er dieses Buch einzureihen habe, ob er es als ein geschichtstheoretisches oder als ein soziologisches oder als ein juristisches, und in jedem Falle, ob er es als ein staats- oder völkerrechtliches Werk ansehen müsse, so würde ich den Grund für dies Bedenken nicht in einem Mangel, sondern in einem Vorzuge meiner Untersuchungen erblicken.

Heinrich Triepel: Die Hegemonie. Ein Buch von führenden Staaten, Berlin 1938


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