© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/04 16. April 2004

Frisch gepresst

Martin Heidegger. Über hundert Zeilen benötigt Jürgen Kaube in der FAZ (Ausgabe vom 5. April), um seinen Lesern mitzuteilen, daß der Briefschreiber den Philosophen Martin Heidegger wahrlich nicht in den Schatten stellt, daß aber speziell die Korrespondenz mit dem katholischen Publizisten Ludwig von Ficker auch noch die allerbescheidensten Erwartungen enttäuscht. Der Briefwechsel, den der Wiener Doktorand Matthias Flatscher herausgegeben und kommentiert hat, umspannt die fünfziger und sechziger Jahre, doch das Zeitgeschehen wird von den beiden älteren Herren beharrlich ignoriert. Da Heidegger seinem Innsbrucker Briefpartner zudem wenig Einblick in seinen Denkeralltag gewährt, von Ficker seine produktivsten Jahre als Herausgeber der sezessionistisch-katholischen Zeitschrift Der Brenner hinter sich hatte, der Gegenstand gemeinsamer Bewunderung, Georg Trakl, blaß bleibt, muß sich der Leser damit begnügen, dem Austausch von Höflichkeiten, Grüßen "von Haus zu Haus", wie man damals gern schrieb, zu folgen (Martin Heidegger - Ludwig von Ficker, Briefwechsel 1952-1967. Klett-Cotta, Stuttgart 2004, 176 Seiten, Abbildungen, 22 Euro).

Carl Schmitt. Familiennachrichten, Gesundheitsprobleme, Reisepläne - Alltagsplagen, die auch jene nicht verschonen, die gemeinhin als große Geister gelten. Im Briefwechsel zwischen dem deutschen Staats- und Völkerrechtslehrer Carl Schmitt (1888-1985) und dem am 2. Februar 2004 im - bei Juristen offenbar üblichen - hohen Alter von 89 Jahren verstorbenen spanischen Romanisten Álvaro d'Ors findet man derlei Banalitäten daher zuhauf. Aber sehr im Gegensatz zu Heideggers formeller Manier (siehe oben) dominiert dabei ein fast vertrauter, nicht selten witziger Ton, der die beiden Briefpartner charakterisiert. Entscheidend aber ist, daß die Korrespondenz, die 1948 beginnt und 1983 endet, nicht im Privaten steckenbleibt, sondern Substantielles bietet, so wie es die Verlagswerbung verspricht, nämlich wirklich einen "Beitrag zur Geistesgeschichte Deutschlands und Spaniens". Eine profunde Einleitung der Herausgeberin Montserrat Herrero the-matisiert neben der "kleinen Geschichte einer Freundschaft", was die beiden Juristen unablässig bewegt und fasziniert hat: "Die Einheit der Welt", die beide ebenso ablehnten wie die "progressistische Geschichtsphilosophie", wie sie von den USA und der UdSSR, den Aspiranten auf "Weltmacht" während des Kalten Krieges, propagiert wurde (Carl Schmitt und Álvaro d'Ors. Briefwechsel. Duncker & Humblot, Berlin 2004, 352 Seiten, Abbildungen, 48 Euro).

Immanuel Kant. Die gemessen an seinem Werk randständige Frage, wie der Königsberger Denker denn nun so privat gewesen sei, kann auch der "Roman eines Lebens" nicht beantworten und stellt damit allenfalls ein eher belangloses Sittengemälde des 18. Jahrhunderts dar (Manfred Joachim Lossau: Immanuel Kant. Königshausen & Neumann, Würzburg 2004, 142 Seiten, broschiert, 12 Euro).


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