© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/04 09. April 2004

Neue Technologien: "Feliway" und die "neue Rolle des Tieres"
Unterschiede sind mit der Lupe zu suchen
Angelika Willig

Bei Ikea gibt es jetzt auch eine Abteilung für "Tiermöbel". Auch bisher hat man Hundehütten, Katzenkörbe, Kratzbäume und Hamsterräder gekauft, aber nicht im Möbelhaus, sondern in der Zoohandlung. Das Angebot ist ein Indiz mehr, daß Tiere und Menschen sich gewaltig annähern. Was sich auseinanderentwickelt hatte, wächst wieder zusammen.

Im Ikea-Katalog ist die Seite mit Tiermöbeln "Ich will Spaß!" überschrieben. Daneben sind zwei Katzen abgebildet, die eine eher aufgedreht, die andere beschaulich. Wollen Tiere wirklich "Spaß", oder ist es eine unerlaubte Vermenschlichung, ihnen dies zu unterstellen? Wer selbst ein Haustier hat, wird es bestätigen können: Mögen die Tiere draußen auch hehre Ziele verfolgen, wie das ökologische Gleichgewicht aufrechtzuerhalten oder zur Evolution beizutragen - Haustiere wollen tatsächlich nur ihren Spaß haben, auf Kosten des Halters, auf Kosten ihrer Figur und leider auch auf Kosten der Tierwürde. Umseitig sieht man einen mittelgroßen Hund, der eine Stoffmaus mit rosa Kleidchen zwischen den Pfoten hält. Das sagt doch wohl alles.

Die Schweiz macht sich zum großen Tabubrecher in Sachen Tod. Erst wird das Einschläfern für Menschen legalisiert, nun sind sogar Todesanzeigen für Tiere in Tageszeitungen erlaubt. Ursula Birr, Chefredakteurin von Geliebte Katze, findet den Schritt "sehr mutig". Letztlich, so sagt sie, tue er nur "der Realität Genüge", denn das Zusammenleben mit einer Katze beträgt durchschnittlich zwölf Jahre - "länger als viele moderne Ehen halten".

Vielleicht läßt sich auch diese Dauer ein wenig strecken, wenn man auf tierische Kommunikationsmöglichkeiten zurückgreift. Wer eine streunende Katze im Haus halten will, greift neuerdings gern auf ein Wunder der Technik zurück. Es heißt "Feliway" und läßt sich an der Steckdose anschließen. Durch Erwärmung wird eine Flüssigkeit verdampft, die mit bestimmten Hormonen angereichert ist. Man bekommt sie bei Tierärzten. Das Resultat ist in den meisten Fällen frappierend: Die Katze fühlt sich "schlicht und einfach so wohl, daß sie gern zu Hause bleibt".

Wer Spaß haben will, sollte sich nicht als Versuchstier bewerben. Hier sind höchstens Lorbeeren zu ernten. Das Entschlüsseln ihres Erbgutes hat der Ratte wohl keine Qualen bereitet. Sie ist nun nach Mensch (2001) und Maus (2002) das dritte Säugetier mit vollständig bekanntem Gencode. 58 Teams aus der ganzen Welt haben sich dieser Aufgabe gewidmet. Doch die Forscher sind hinterhältig. Erst kommt die Aufwertung: Für 90 Prozent aller menschlichen Gene findet sich bei der Ratte eine Entsprechung. Gefolgert wird daraus aber nicht Achtung und Rücksicht, sondern eine gesteigerte Eignung als Versuchstier. Erst wenn Medikamente gegen Katzenschnupfen vorher an Menschen getestet werden, darf sich der Tierfreund zufriedengeben.


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