© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/04 09. April 2004

Verfassungsschutz
Ein geeignetes Instrument
Dieter Stein

Nach den jüngsten Terroranschlägen in Europa sind Forderungen in Deutschland erneuert worden, die 16 Landesämter für Verfassungsschutz zusammenzulegen, um die Terrorabwehr zu bündeln. Dies forderte jetzt beispielsweise Bundesverteidigungsminister Peter Struck. Der Informationsaustausch dieser Behörden sei "gelinde gesagt, nicht gerade problemlos", wird Struck von der FAZ zitiert.

Eine löbliche Idee, wenn die Aufgabe der Verfassungsschutzämter wirklich darin gesehen würde, Gefahren für Demokratie, Staat und Bürger abzuwehren. In den vergangenen Jahrzehnten haben aber die jeweils regierenden Parteien entdeckt, daß sich der Verfassungsschutz über seine Kernaufgaben hinaus auch prächtig als Vehikel instrumentalisieren läßt, um den politischen Gegner und potentielle Konkurrenten strategisch unter Druck zu setzen. Dem dienen vor allem die in drolliger Kleinstaaterei alljährlich in 16 Ländern vorgestellten Verfassungsschutzberichte, in denen 16 verschiedene Lesarten dessen dargeboten werden, was aus Sicht der jeweiligen Landesfürsten als für die verfassungsrechtliche Ordnung bedrohlich angesehen wird. Im einen Land wird eine PDS als linksextremistisch beobachtet, mit der in Berlin und Mecklenburg die SPD, ohne rot zu werden, regiert. Heuchelei.

Selbstverständlich finden sich in diesen Jahresberichten löblicherweise auch eine Menge Informationen über die akute Gefahr des islamistischen Terrorismus in Deutschland, über Auslands- und Industriespionage sowie gewaltbereiten politischen Extremismus.

Das nordrhein-westfälische Innenministerium sticht in seinem Jahresbericht durch die Kreation eines phantasievollen Beobachtungsobjektes "Neue Rechte" hervor, mit dem man alles, was nicht auf dem linken Flügel der Union beheimatet ist, unter Verdacht setzt. Zu dieser erfundenen "Neuen Rechten" zählen die Düsseldorfer Terrorexperten auch diese Zeitung. Eine Unverschämtheit, wie seit zehn Jahren unter stillschweigender Duldung der Opposition der jeweilige SPD-Innenminister im bevölkerungsreichsten Bundesland die Verfassungsschutzbehörde dazu mißbraucht, politisch unliebsame konservative Positionen zu ächten.

Nichts Neues haben sie 2003 herausgefunden, trotzdem erneuert NRW-Innenminister Fritz Behrens, der in seinem Bericht einräumen muß, daß sich die JF mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln juristisch gegen diese Verleumdungen und Diskriminierungen wehrt, den haltlosen Vorwurf, es lägen "tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" vor.

Anfang dieses Jahres hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, daß es die Verfassungsbeschwerde der JF gegen das NRW-Innenministerium ernst nimmt. NRW wurde gezwungen, die Beschwerde zu erwidern. Wann tatsächlich verhandelt wird, steht in den Sternen. Sicher aber ist eines: Wenigstens die NRW-Landesregierung wird sich das Denunzia-tionsmittel des Verfassungsschutzberichtes nicht aus der Hand nehmen lassen. Auch nicht vom Genossen Struck.


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