© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/04 19. März 2004

"Kampf gegen rechts"
Die CDU in der Antifa-Falle
Dieter Stein

Erinnern Sie sich noch an den Tobsuchtsanfall von Jürgen Rüttgers auf dem CDU-Bundesparteitag vergangenen Dezember in Leipzig? Wütend war der NRW-Chef der CDU über den Delegierten Leo Lennartz geworden, weil dieser als einziger gewagt hatte, seine Parteiführung wegen des Vorgehens im "Fall Hohmann" zu kritisieren. Rüttgers verlor völlig die Fassung. Schließlich war er derjenige gewesen, der vom ersten Moment an den Kopf von Hohmann gefordert hatte.

Nun steht Rüttgers selbst am Pranger einer Ausstellung in NRW. Dort wird ein Bild gezeigt, auf dem neben ihm ein junger Neonazi zu sehen ist. Neben Rüttgers werden dort mehrere andere CDU- und CSU-Politiker in die Nähe des Rechtsextremismus gestellt: Vera Lengsfeld, Norbert Geis, Laurenz Meyer, Martin Hohmann, Heinrich Lummer. Die Ausstellung trägt den Titel "Rechts um und ab durch die Mitte" und wird von einem linksradikalen "Jugendclub Courage e.V." organisiert. Der Club bekommt für die Ausstellung von der Bundesregierung Steuergelder, die über diverse Kanäle des staatlich organisierten "Kampfes gegen Rechts" fröhlich sprudeln.

Wo die Pointe ist? Diese Propagandaveranstaltung, die zuvor unbehelligt in Schulen gezeigt werden durfte, ohne daß staatliche Stellen oder Parteien dagegen eingeschritten wären, ist jetzt in Köln zu sehen. In städtischen Räumen. Wer regiert die Stadt? Die CDU. Wer eröffnet die Ausstellung feierlich und hält salbungsvoll eine Begrüßungsrede - nachdem er die Ausstellung besichtigt hat und gesehen hat, wie seine Partei verunglimpft wird? Rüttgers' Parteifreund, CDU-Bürgermeister Josef Müller.

Wenn die Angelegenheit nicht so ernst wäre und es nicht um den Bestand der Demokratie ginge, man könnte sagen: Recht geschieht es der CDU - sie soll an ihrem eigenen Opportunismus, an ihrer Rückgratlosigkeit, an ihrer Servilität, an ihrer Feigheit ersticken.

Es ist aber überfällig, daß sich in der Union auf allen Ebenen endlich herumspricht, daß der "Fall Hohmann" kein isolierter Fall eines armen Hinterbänklers ist. An ihm sollte stellvertretend für den konservativen Flügel der Union ein Exempel statuiert werden.

Arnold Gehlens Diktum "Zahllose Personen sind mit allen Mitteln der Meinungsmache öffentlich bemüht, allem, was irgendwie noch steht, das Mark aus den Knochen zu blasen" bewahrheitet sich immer wieder neu. Und Politiker wie Rüttgers beseitigen auch noch die letzten Reste jenes Marks, das einmal das Rückgrat einer bürgerlichen Partei ausgemacht haben könnte.

Wenn die Union also - trotz aller berauschenden und schnell vergänglichen Umfragewerte - wieder aus der totalen Defensive herauskommen will, in der sie einer im Ernstfall strategisch haushoch überlegenen Linken gegenübersteht, dann tut sie gut daran, aus dem "Fall Hohmann" zu lernen. Es ist deshalb erfreulich, daß der Journalist Fritz Schenk den "Fall Hohmann" in einem in Bälde erscheinenden Buch lückenlos dokumentieren will.


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