© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/04 12. März 2004

Bundeswehr
Der Abschied eines Generals
Dieter Stein

Der Fall des Elite-Generals Reinhard Günzel, Ex-Chef des KSK, hat die Bundeswehr erschüttert. Art und Weise seiner Versetzung in den Ruhestand, das taktlose Gebaren von Verteidigungsminister Struck, der den verdienten Offizier wegen Hohmann-Sympathien als "verwirrt" davongejagt hat ohne ihn anzuhören, hat viele verletzt. Als Günzel der JUNGEN FREIHEIT kürzlich (JF 10/04) ein langes Interview gab, herrschte "helle Aufregung" bei den Stäben der Bundeswehr. Kaum ein Generals-Kollege, der Günzels Abrechnung in der JF nicht zur Kenntnis nahm.

Die Krise, in die die Bundeswehr durch dramatische Einsparungen und Auslandseinsätze - vor allem aber durch eine illoyale politische Führung - geraten ist, erreichte beim Abschied des Inspekteurs des Heeres, Generalleutnant Gert Gudera, am 3. März in Bonn einen neuen Höhepunkt. Der auf eigenen Wunsch wegen Meinungsverschiedenheiten mit Struck aus dem Amt geschiedene Gudera sorgte mit einem "politischen Paukenschlag" (Die Welt) für neue Aufregung. Unter dem demonstrativen Beifall der geladenen Gäste und hohen Offiziere und in Anwesenheit des mit versteinerter Miene lauschenden Ministers forderte er politische Entscheidungen Berlins in zwei Punkten:

"Erstens: Seit rund zehn Jahren setzen wir deutschen Soldaten im Namen und mit Mandat der Vereinten Nationen in der ganzen Welt ein. Das 'Mandat der VN' hat zur Rechtfertigung unserer Politik geradezu konstitutive Bedeutung erlangt. Deutschland ist der zweitgrößte Beitragszahler, und Deutschland ist zur Zeit der größte Truppensteller der Vereinten Nationen. Trotzdem wird Deutschland in der 'Charta der Vereinten Nationen' nach wie vor als 'Feindstaat' bezeichnet. Das paßt schon lange nicht mehr in die politische Realität. Als ich 1981 als junger Generalstabsoffizier im Bundeskanzleramt Dienst leistete, hat der damalige Kanzler Helmut Schmidt eine Initiative zur Streichung dieser 'Feindstaaten-Klauseln' gestartet. Sie scheiterte, übrigens nicht an den Großmächten Rußland oder USA. Damals hieß es, die Zeit sei wohl noch nicht ganz reif dafür. Heute, fast 20 Jahre später, ist die Zeit überreif. Überreif für einen erneuten Anlauf, um endlich diesen schizophrenen Zustand zu beenden.

Und mein zweiter Punkt, Herr Minister, betrifft ein selbstgemachtes deutsches Problem. Nach wie vor besteht das unsägliche Urteil, wonach wir Soldaten 'potentielle Mörder' seien. Es ist zwar im Tenor allgemein gehalten. Aber wir, die Soldaten der Bundeswehr, waren gemeint und fühlen uns auch getroffen. Soviel ich weiß, gibt es etwas ähnliches in keinem anderen Land dieser Welt. Ich glaube, nirgendwo außerhalb Deutschlands werden Soldaten in ähnlicher Art und Weise verunglimpft und an ihrer Ehre beschnitten. Ich bin der Überzeugung, daß die Soldaten der Bundeswehr in den letzten Jahrzehnten überzeugend bewiesen haben, daß dieses Urteil ungerecht und falsch ist und daß sie diese Diskriminierung nicht verdient haben." Übrigens: Der Redetext wird vom Verteidigungsministerium an die Presse nicht mehr weitergegeben.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen