© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/04 06. Februar 2004

Leserbriefe

Zu: "Ich rede über konservative Werte", Interview mit Prinz Asfa-Wossen Asserate, JF 4/04

Mir kommen Tränen!

Wie ungenau Verallgemeinerungen sind, zeigt sich wieder einmal in der Bemerkung: "Ich beobachte, daß es zum Beispiel keinen Deutschen gibt, dem es unterliegt ... vor Ergriffenheit zu weinen, wenn er seine Nationalhymne hört."

Mir kommen nun aber jedesmal die Tränen, wenn ich das Deutschlandlied höre, und ich halte es für unwahrscheinlich, daß ich unter Millionen Deutschen die einzige sein sollte, der es so geht.

Inge Butting, Bielefeld

 

 

Zu: "Keine Ruhe an der Steuerfront" von Paul Rosen, JF 4/04

Vergessene Tatsachen

Was den Reformvorschlag der CSU sympathisch macht, ist das lineare Gleiten zwischen 13 Prozent bei Einkommen ab 8.000 Euro und 39 Prozent bei Einkommen von 52.500 Euro pro Familienmitglied - weil dadurch jene Stufen vermieden werden, in deren Nähe der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber geradezu bitten wird, seinen Lohn nicht zu erhöhen (weil ein paar Euro mehr mit sehr viel mehr Euro Steuerlast einhergingen und damit weniger in die Tüte kommt). Freilich wird der Lohnbuchhaltung ein wenig Rechnerei, genauer gesagt: der Blick in Tabellen abgefordert, was aber einen weiteren Vorteil hätte.

Was nämlich sämtliche Steuermodelle, die auf dem Tisch liegen, völlig vergessen haben, jedoch von größter Wichtigkeit ist: Die Stufen bzw. Grenzen der Progression (beim CSU-Vorschlag die 8.000 bzw. 52.500 Euro) zu dynamisieren im Sinne ihrer jährlichen Anpassung an die Einkommensentwicklung! Vergessen wir nicht, daß die Vernachlässigung dieser Forderung zur Entstehung jenes "Mittelstandsbauchs" führen mußte, der unser bisheriges Steuersystem erst eigentlich in Bedrängnis gebracht hat: immer mehr Mittelständler waren in eine immer höhere Besteuerung gerückt und unterschieden sich nicht mehr von jenen Großverdienern, welchen man durch die Steuerprogression eigentlich ans Eingemachte gehen wollte.

Hans-Gert Kessler, München

 

 

Zu: "Lockmittel private Altersvorsorge" von Detlev Rose, JF 4/04

Es herrscht Schweigen

Man warnt nicht zum ersten Mal vor den Folgen der deutschen Geburtenziffer im Zusammenhang mit der Zuwanderung von Ausländern in Deutschland. Politik und Medien schweigen planmäßig über entsprechende Zahlen. Außer nichtssagenden Meldungen über den Zuwanderungsstreit wird nichts bekannt.

Seit Beginn der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts ist die Geburtenziffer in Deutschland praktisch schlagartig auf 1,4 abgestürzt. Das Verschweigen dieses demographischen Faktors führte zu politischer Untätigkeit mit den heute allseits bekannten Folgen der Zerrüttung unserer sozialen Sicherungssysteme. Politik und Medizin hierzulande schweigen, obwohl Zuwanderung auch in dieser Größenordnung das demographische Problem nicht löst.

Den Deutschen würde das Blut in den Adern gefrieren, würde man das rot-rüne Zahlenwerk publik machen. Aber Schweigen herrscht, wie man auch die Tatsache verschwiegen hat, daß seit 1990 sich die Einbürgerung von Nichteuropäern und das Vierzigfache erhöht hat, seit die doppelte Staatsbürgerschaft eingeführt wurde. Vorher fanden Erhöhungen nur um das Ein- bis Zweifache statt.

Hermann Pieper, Dortmund

 

 

Zu: "Dümmste Kälber" von Klaus Hornung, JF 4/04

Andere Akteure

Alles was zu diesem Kardinalsthema vor dem giftigen Hintergrund der political correctness erlaubt ist zu sagen, wurde von Klaus Hornung gesagt. Die Henker Europas haben sich in die finsteren Löcher der Thinktanks verkrochen und sind immer aktiv. Moderne Vernichtungskriege werden heutzutage eben ein wenig anders geführt. Die Akteure sind andere als bei Samuel P. Huntington dargestellt.

Warum ausgerechnet Jörg Haider diesen Akteuren den Roten Teppich auslegt, wird wahrscheinlich für immer sein Geheimnis bleiben.

Werner Brenner, Gröbming

 

 

Zu: "Verklärung statt Läuterung" von Klaus Motschmann JF 4/04

Dialektik

Ganz offenbar schafft der Kapitalismus sozialistisches Bewußtsein und der Sozialismus kapitalistisches. Da es aber seit 1990 weniger Sozialismus und mehr Kapitalismus gibt, entsteht mehr sozialistisches und weniger kapitalistisches Bewußtsein. Das eben ist Dialektik.

Daß sozialistisches Bewußtsein im Kapitalismus entsteht, wird niemand bestreiten. Ein glänzendes Beispiel ist Thomas More, ein Vertrauensmann der Londoner Kaufleute, mit seiner brillanten "Utopia" von 1516. Genau so wahr aber ist, daß im Sozialismus kapitalistisches Bewußtsein entsteht: Außer im Norden Koreas und in Kuba hat sich in allen ehemals sozialistischen Ländern der Kapitalismus wieder durchgesetzt.

Als ich in den Jahren nach 1960 als junger Student mit dem Leninabzeichen durch Prag lief, sprachen mich zahlreiche Menschen an, daß sie 1948 auch für die Revolution waren, heute aber die Nase davon voll haben. Kam ich mit Funktionären zusammen, sah ich hinter den Fassaden schnell die Zyniker, die jeden Fortschrittsglauben verloren hatten. 15 Jahre Sozialismus hatten also genügt, um in der Tschechei in einem mehrheitlich revolutionären, dem Sozialismus zugeneigten Volk (mehrheitlich revolutionär, weil man die nichttschechischen Teile der Bevölkerung, die weniger revolutionär waren, vertrieben hatte) auf breiter Front kapitalistisches Bewußtsein zu erzeugen.

Der Sozialismus ist nun in rund 35 Ländern (wenn man von kleineren Versuchen wie der Pariser Kommune oder der Bayerischen Räterepublik absieht) zusammengebrochen oder wegreformiert worden. Auch die beiden letzten Reste, Kuba und Korea, sind keine Vorzeigeobjekte. Das gibt Motschmann durchaus recht, nun Sozialisten zu fragen, was denn nun "Entartung" gewesen sei und wie ein "Sozialismus ohne Entartung" aussehen und praktisch verwirklicht werden soll. Denn niemand hat etwas von einem 38. Versuch, wenn er nur wieder dazu führt, daß die sozialistischen Machthaber nach endlosem Elend von eigenen Volk davongejagt werden.

Soweit Motschmann an die Abermillionen Opfer des Sozialismus erinnert, hat er durchaus recht. Dabei sollte man aber nicht die Abermillionen Opfer des Kapitalismus verschweigen: Erst der von wahnsinnigen Kapitalisten zahlreicher Länder begonnene Erste Weltkrieg hat schließlich den Nationalsozialismus und den Sowjetkommunismus entstehen lassen.

Dr. Hugo Lanz, Vorstandsmitglied der Karl-Marx-Gesellschaft e.V., München

 

 

Zur Meldung "Pastor warnt vor buddhistischem Einfluß" JF 4/04

Problematisch

Es ist problematisch, daß Martin Kamphuis ausgerechnet auf einer Jugendkonferenz für Weltmission vor einem fremden Glauben warnt. Ich habe zwar die "Odin statt Jesus"-Mentalität überwunden, denke aber doch, daß die christliche Missionierung weltweit viel Schaden angerichtet hat.

Richard Stockmann, Dresden

 

 

Zu: "Pankraz, M. Erhardt und die gepushte Wissenschaft", JF 4/04

Kontraproduktiv

Pankraz meint in seiner Kolumne, daß von den vier die Gesellschaft bestimmenden Kräften -Wissenschaft, Politik, Medien und Wirtschaft - die Wirtschaft letzten Endes immer die Oberhand behielte. Dem ist leider nicht so, wie sich an allgemein bekannten Beispielen zeigen läßt.

Viele Leser werden sich noch an den Fall "Brent Spar" erinnern. Das war eine ausgemusterte Ölplattform in der Nordsee oder genauer gesagt der Ölvorratstank einer Ölplattform, der noch Reste von Erdöl, vermischt mit Sand und Schlamm vom Meeresgrund, enthielt. Die Shell, sicherlich einer der größten und reichsten Konzerne der Welt, wollte den Behälter an Ort und Stelle auf den Meeresgrund versenken. Wissenschaftler hatten den dadurch entstehenden ökologischen Schaden für gering gehalten. Aber die militante Umweltschutzorganisation Greenpeace entfachte mit Hilfe der Medien eine ungeheure Kampagne, bis Shell klein beigab, den Behälter in Norwegen an Land schleppte und dort verschrottete, was etwa viermal so viel kostete wie das Versenken an Ort und Stelle.

Heute gibt selbst Greenpeace zu, daß dies Verfahren wahrscheinlich mehr Umweltschäden verursacht hat als das Versenken. Man ist fast versucht anzunehmen, daß es Greenpeace gar nicht um die Umwelt ging, sondern um die weltweite Medienkampagne und die Spendengelder, die damit eingeworben werden konnten.

Conrad Christmann, Heusweiler

 

 

Zu: "Nur Realismus hilft noch" von Ronald Gläser, JF 4/04

Ideologiebrocken

Nur Realismus hilft noch - nicht aber das Wiederkäuen neoliberaler Ideologiebrocken, wie es Ronald Gläser in seinem Forum-Beitrag betrieb. Er möge einmal darlegen, zu welcher Arbeit die Arbeitslosen in den "blühenden Landschaften" durch den Entzug der Unterstützung gezwungen werden sollen. Es gibt sie nicht mehr, was die öffentliche Hand eine Weile durch ABM-Programme zu kaschieren suchte.

Hans-Christof Tuchen, Berlin

 

Unfug

"... weil jeder von uns weiß, daß uns die Zähne ausfallen werden. Auch hier sollte Eigenvorsorge eine Selbstverständlichkeit sein ..." Was soll so eine Aussage denn heißen?

Die Risiken, öfter zur Zahnbehandlung zu müssen bzw. Zahnersatz erhalten zu müssen, sind zwar individuell, es ist aber falsch, zu behaupten, daß man dem durch mehr Zahnpflege usw. entgehen kann - jedenfalls nach Auskunft meiner Zahnärztin.

Ich habe beispielsweise ein "falsches" Enzym in meinem Speichel, das meinen Zahnschmelz angreift - egal, wie oft ich mir die Zähne putze oder zum Arzt gehe! Jeder meiner Zähne hat eine Amalgamfüllung oder eine Krone; ich bin froh über jeden Zahn, den ich noch habe. Genauso könnte ich da fordern, daß man die Insulinbehandlung von Diabetispatienten nicht mehr durch die Kassen finanzieren läßt. Oder denken sie mal an die Dialysepatienten. Mancher von ihnen wird auch eine gewisse "Schuld" an seinem Schicksal haben. Man sollte nicht damit anfangen, bestimmte Krankheiten bzw. Leiden und die jeweiligen Patienten gegeneinander auszuspielen. Grundsätzlich sollten die Leistungen der Kassen überall und für alles gleich hoch sein.

Sebastian Paschinsky, per E-Post

 

 

Scharfer Tobak

Der ganze Artikel wäre wohl eher in dem Reformprogramm eines Arbeitgeberverbandes, einer liberalistischen und/oder calvinistischen Interessengruppe zu vermuten als in der JUNGEN FREIHEIT.

Einige Beispiele: Wer sich Kinder nur anschafft, um im Alter von diesen versorgt zu werden, muß nicht nur finanziell, sondern auch geistig verarmt sein; die Zeiten von "La Strada" sind längst - auch im alten Europa - vorbei, und den Erbbauernhof gibt es leider nur noch in seltenen Fällen.

Die Frühinvalidität nicht nur bei den Niederländern wäre in diesem Umfang unmöglich gewesen, wenn nicht viele sog. Unternehmer erfreut die Gelegenheit genutzt hätten, ihr Personal auf Kosten des Staates zu verjüngen, was sich positiv bei der Veräußerung des Unternehmens auswirkt (wobei junge Arbeitnehmer zudem weniger Kosten verursachen und leichter zu handhaben sind). Diese Art von Unternehmer, die als nicht ortsgebundene Manager Europa zum Spielfeld (global players) für ihre unseriösen Geschäfte mißbrauchen, sind die Hauptverursacher der Wirtschaftskrise. Aber das ist in Europa ebenso ein Tabuthema wie die Zuwanderung. Nicht erwähnt wurde natürlich, daß die Sozialleistungen auch deshalb heute nicht mehr finanziert werden können, weil man die dafür vorgesehenen Kassen für sachfremde Leistungen geplündert hat.

Richtig erkannt wurde lediglich, daß ein "normaler" Einzelverdiener heute nicht mehr in der Lage ist, eine Familie zu ernähren; aber das wurde von den Regierungen auf Druck der Arbeitgeberlobby (und zur Förderung der Emanzipation) ja so gewollt.

Abschließend eine nicht ganz erst gemeinte Erweiterung zu den in diesem Forum gemachten Vorschlägen. Man kürze radikal alle Sozialleistungen bei der autochthonen Bevölkerung und verwende die damit gewonnenen Mittel für Personen mit Migrationshintergrund (wie es neudeutsch so schön heißt). Aber wäre das eigentlich so neu?

Gerd Trepte, Berlin

 

Zorn

"Wenn Frauen mehr als genug verdienen können, ... dann ist kein Ehemann mehr nötig. ... Männer und Frauen (sind) von der Notwendigkeit zur Familiengründung befreit. Wer alt wird, hat die Rente, wer pflegebedürftig wird, der hat ja die Pflegeversicherung". In meiner christlich-konservativen Naivität und Weltfremdheit habe ich bisher immer angenommen, daß die Ehe und auch der Wunsch nach Kindern in persönlicher Liebe begründet sein sollten. Nun werde ich aber darüber belehrt, daß Ehen im Grunde nur aus Berechnung und aus Gründen finanzieller Vorsorge geschlossen werden, daß dies natürlich so auch völlig legitim ist und daß man deshalb alle Gesetze dieser Variante von "privatem Profitstreben" anpassen müßte.

Nicht Mitleid, sondern Zorn erfaßt mich jedoch, wenn ich weiter lese, daß "Arbeitslose einen neuen Job erst antreten, wenn die zeitlich begrenzte Unterstützung endet", daß sie erst "vor dem Auslaufen ihres Bezugsanspruches eine neue Stelle" suchen. Nur die faulen, verwöhnten Arbeitslosen wollen eben partout nicht froh schaffen, sondern lümmeln zuckerwatteweich in ihren sozialen Luxus-Hängematten. Höchste Zeit, daß diese Gemütlichkeit aufhört! Am besten fangen wir gleich an bei den Invaliden, indem wir sie zur Arbeit auch unterhalb ihrer Ausbildung und ihrer Einkommenswünsche zwingen! Denn nicht nur in Holland, sondern doch sicher auch bei uns sind mindestens drei Viertel aller Invaliden Simulanten und Drückeberger.

Schade, daß Karl-Eduard von Schnitzler nicht mehr lebt! Das wäre für ihn ein gefundenes Fressen gewesen!

Hans Brückl, Bad Kösen

 

 

Zu: "Die vereinte Entfesselung" von Stefan Scheil, JF 3/04

Ende der Geschichtsklitterung

Erneut eine bemerkenswerte Dokumentation, die zeigt, daß auch der Zweite Weltkrieg "viele Väter" (Schultze-Rhonhof) hatte. Man darf gespannt sein, wann diese Erkenntnis endlich Eingang in die Geschichtsbücher und Lehrpläne der Schulen findet und einer breiten Öffentlichkeit bewußt wird. Auffallend ist doch, daß bisher eine offene Diskussion über die Kriegsschuldfrage des Zweiten Weltkrieges - im Gegensatz zu der des Ersten Weltkrieges - noch nicht stattgefunden hat. So manchem volkspädagogischen Umerzieher wird es sicherlich schwerfallen, sich von seinem geliebten Geschichtsbild der Siegermächte zu trennen und die Revisionisten durch entsprechende Forschungen zu widerlegen. Kündigt sich das Ende der Geschichtsklitterung der Canossarepublik an?

Ernst Hildebert Kratzsch, Rosengarten

 

 

Zu: "Kanzler des Abschwungs" von Alexander Griesbach JF 2/04

Falsche Bildunterschrift

Unter dem einzigen Foto auf der Titelseite lautet es: "Gerhard Schröder im Bundestag: Die Sozialdemokratie kämpft mit einem dramatischen Sympathieverlust." Das zeigt, daß die JF - wenn auch selten - Betrachtungsweisen politisch korrekter Blätter wiedergibt und mit den Gedanken nicht immer bei den Lesern ist! Es hätte lauten müssen: "...kämpft mit einem erfreulichen Sympathieverlust. Einfach nur "mit einem Sympathieverlust", wäre sogar ein nicht wertender Tatbestand gewesen.

Hubert Sauer, Heidenrod


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