Süßer die Kasse nie klingelt
Geld stinkt nicht oder die merkwürdige Anzeigenpolitik der "Bild am Sonntag"
Thorsten Thaler

Bild am Sonntag war der Fall zum zweiten Mal hintereinander eine herzzerreißende Geschichte wert. "Der arme, kleine Dominik! Ob er weiß, was mit ihm geschieht?" fragte das Springer-Blatt unter der Überschrift "Krebs-Junge Dominik für Werbevideo benutzt" in seiner letzten Ausgabe. Seit der achtjährige Dominik in die Fänge eines umstrittenen Mediziners namens Matthias Rath geraten ist, beschäftigt der Streit um die richtige Behandlung des Kindes Ärzte, Gerichte und Medien.

Einen aktuellen Aufhänger boten der Bild am Sonntag jetzt die Postwurfsendungen und ein Video des in den Niederlanden lebenden Rath, in denen der krebskranke Junge als Beweis für die angeblich heilende Wirkung der hochdosierten Vitaminpräparate des dubiosen "Pillendoktors" vorgeführt wird. Die Zeitung erzürnt besonders, daß Rath trotz Abmahnungen des Verbands für sozialen Wettbewerb und einem noch nicht rechtskräftigen Urteil eines Berliner Gerichts, das den Arzt zur Zahlung von 45.000 Euro wegen irreführender Werbung verurteilt hatte, mit seiner Werbemasche "offenbar unbeeindruckt" fortfährt. "In einer bundesweiten Anzeigenkampagne wirbt er für seine Deutschland-Tournee, um neue Anhänger zu gewinnen", entrüstet sich die Bild am Sonntag.

Die Geschichte ist illustriert mit einem Bild des von seiner Krankheit gezeichneten Dominik und zwei kleineren Fotos aus dem Rath-Video; dazu gibt es den Bericht über einen Rentner, der zwei Jahre lang auf Raths Vitaminpillen vertraute, ihn heute als "Scharlatan" bezeichnet und vor dessen Methoden warnt, sowie ein Gespräch mit dem Arzt selbst, das Bild am Sonntag "Verhör" nennt.

Die Lektüre berührt, verstört, regt auf. Doch nur sechs Seiten weiter wird die Aufmerksamkeit erneut gefesselt. Dieses Mal von einer großformatigen Anzeige mit der Überschrift "Darüber spricht Deutschland!" Darin wirbt eine "Dr. Rath Health Fundation" für die Deutschland-Tournee des Dominik-Doktors Matthias Rath.

Merke: Geld stinkt nicht, und Moral ist, wenn man für Anzeigen kassiert, deren Inhalt man zuvor scharf angegriffen hat. Übrigens, eine halbseitige Anzeige in der Bild am Sonntag kostet 43.533 Euro.