© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/04 06. Februar 2004

Meldungen

Sendeverbot nach Attacke auf Christen

BUDAPEST. Das ungarische Medienaufsichtsamt (ORTT) hat letzte Woche ein 30tägiges Sendeverbot für den linken Jugendsender Tilos Rádió verhängt. Das Programm dürfe nicht darauf zielen, "eine Minderheit oder eine Mehrheit offen oder versteckt zu verletzen, auszugrenzen oder sie aus ethnischen Gründen zu verurteilen", begründete das ORTT seinen Entscheid. Ein Tilos-Moderator hatte am Weihnachtsabend in einer Sendung gesagt: "Ich würde alle Christen ausrotten". Darauf kam es im Januar zu Protesten christlicher und rechter Parteien (siehe JF 5/04). Die Kuratoriumsmitglieder des bürgerlichen MDF und die regierenden Sozialisten halten die Sanktion für angemessen, die bürgerliche Ex-Regierungspartei Fidesz will weiter ein Verbot des Senders, die linksliberale Regierungspartei SZDSZ hielt eine Suspendierung von 24 Stunden für angemessen. Der SZDSZ-Politiker Péter Gusztos nannte die Sanktion sogar "absurd und übertrieben". Tilos-Kuratoriumschef Gábor Csabai erklärte: "Ein Sender wie Tilos Rádió lebt von spontanen Live-Sendungen. Wenn die Moderatoren sich nur mit zitternder Zunge äußern, damit ja kein ungehöriger Satz ihre Lippen verläßt, ist es mit der Lebendigkeit vorbei."

 

Mischung aus "Nazis" und Linksintellektuellen

JERUSALEM/BRÜSSEL. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Österreich (IKG), Ariel Muzicant, hat bei einem Treffen des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJC) in Jerusalem Europa Gleichgültigkeit gegenüber dem wachsenden Antisemitismus vorgeworfen. "Wie lange müssen wir es uns noch gefallen lassen, daß unsere Kinder auf dem Schulweg bespuckt werden und hinter Stacheldraht lernen müssen?" meinte der IKG-Chef. Die Juden seien "wieder Freiwild in Europa". Die Juden bildeten aber nur eine "Speerspitze". Das wahre Ziel der Terroristen seien der "christliche Westen und die Werte der Demokratien. Das haben die Europäer aber noch nicht verstanden", so Muzicant. Die Antisemiten Europas seien eine "brisante Mischung" von alten Nazis, Globalisierungsgegnern, linken Intellektuellen und Skinheads.

 

Frankreich braucht Männer wie Juppé

PARIS/MARSEILLE. Der französische Präsident Jacques Chirac hat dem wegen Vorteilsnahme zu einer 18monatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilten Ex-Premier Alain Juppé den Rücken gestärkt. "Ich empfinde Freundschaft, Achtung und Respekt für ihn", erklärte Chirac letzten Montag bei einer Veranstaltung im Rathaus von Marseille. "Frankreich braucht Männer von seiner Qualität." Der Marseiller Bürgermeister Jean-Claude Gaudin hatte zuvor Juppé für dessen "Ehrlichkeit und Anstand" gewürdigt. Der 58jährige Juppé ist ein enger Vertrauter Chiracs und Chef der bürgerlichen Regierungspartei UMP. Als Pariser Schatzmeister von Chiracs Neogaullisten wurde unter Juppés Verantwortung Geld aus dem Stadtetat zur Besoldung von Parteifunktionären verwendet. Die Verurteilung Juppés hat zwei Monate vor den Regionalwahlen einen Schock im bürgerlichen Lager Frankreichs ausgelöst.


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