© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/04 23. Januar 2004

Frisch gepresst

Die Vergessenen. Der rußlanddeutsche Verleger Waldemar Weber hat ein bereits 1998 verfaßtes Werk des aus Wolhynien stammenden Gerhard Wolters herausgegeben, dessen bislang nur unter der Hand weitergegebenes Manuskript bereits viele Leser tief beeindruckte. Wolter beschreibt eindrucksvoll die Odyssee der Rußlanddeutschen, die - die unerträgliche Zwangskollektivierung und Stalins "Säuberungen" unberücksichtigt - 1941 mit ihrer Vertreibung durch Stalin aus ihren Siedlungsgebieten begann. Er skizziert das bis heute tiefsitzende Trauma, daß nicht nur in den Qualen der sibirischen Lager und der Diaspora in den mittelasiatischen Steppen begründet ist, wo allein an Hunger jeder Dritte zugrunde ging. Bedrückender war, daß die Gepeinigten sich bewußt waren, daß ihrer niemand gedenkt: weder ihre das bittere Los teilenden Landsleute noch die an den Kriegsauswirkungen laborierenden "Reichsdeutschen", aus deren Sphäre sie zudem weit entrückt waren (Die Zone der totalen Ruhe. Die Rußlanddeutschen in den Kriegs- und Nachkriegsjahren. Waldemar Weber Verlag, Augsburg 2003, 479 Seiten, gebunden, 17,90 Euro).

 

Himmlische Geschenke. Auch in Deutschland gehören sie längst zum gewohnten Stadtbild: kleine türkische Jungs mit pompösen Prinzen-Kleidern, die mit ihren Familien ihr Beschneidungsfest feiern. Daß dies keine religiöse Pflicht, sondern eher Folklore ist, kann man in Angela Grünerts Buch nachlesen. Sie gibt mit Liebe zum Detail Auskunft über den islamischen Festkalender. Die Berichte der Islamwissenschaftlerin sind durchtränkt von einer klebrigen Distanzlosigkeit. Sie beschreibt die "faszinierenden Einblicke" in eine "lange Tradition aus vollem Herzen" und läßt im Klappentext ihre "fesselnde Darstellung des kulturellen Reichtums islamisch geprägter Gesellschaften" loben. Der Islam, für den dieses Buch um Verständnis wirbt, kommt nett und harmlos daher (Himmlische Geschenke - Feste und Feiern im Islam. Herder Spektrum, Freiburg 2003, 160 Seiten, 10,90 Euro).

 

Journalismus. Die oft beklagte Dominanz der linksgerichteten Political correctness in der deutschen Presse, im Radio und im Fernsehen ist auch eine Folge des Desinteresses vieler Konservativer an den Medienberufe. Eine praxisnahe Einführung in die Medienwelt bietet das von dem Kommunikationswissenschaftler Stephan Ruß-Mohl verfaßte Hand- und Lehrbuch Journalismus (FAZ-Institut, Frankfurt 2003, 392 Seiten, 29,90 Euro). Der Schwerpunkt der flüssigen und übersichtlichen Darstellung liegt auf den Print-Medien und dem klassischen Informationsjournalismus. Ruß-Mohl beschränkt sich nicht nur auf eine Erklärung der verschiedenen Textgattungen, der Sprache von Journalisten und Arbeitsprozesse - vom Recherchieren über das Produzieren und Redigieren bis hin zum Präsentieren. Auch zu den Fragen des Managements von Redaktion und Medienunternehmen, des Medienrechts und der Ethik des Journalismus finden sich einige wertvolle Hinweise und Literaturtips.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen