© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 01/05 31. Dezember 2004

Harald Schmidt
von Thorsten Thaler

Es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand den ersten Stein nach Harald Schmidt werfen würde. Vier Tage vor dessen erster Sendung in der ARD am Donnerstag voriger Woche fragte der Spiegel in einem gehässigen Rundumschlag, wofür der Entertainer eigentlich steht - "außer für Zynismus, Geschäftssinn und schwer überschaubare Nebengeschäfte". Einer der zentralen Vorwürfe in der Schmähschrift sind die geschätzten acht Millionen Euro, die sich das zwangsgebührenfinanzierte Erste die neue Schmidt-Show kosten läßt. Einmal abgesehen davon, daß man beim Hamburger Wochenmagazin offenbar unfähig ist, die Kunst, trotzdem zu lachen, von Zynismus zu unterscheiden, bleiben in dieser typisch deutschen Neiddebatte zwei Aspekte stets ausgeblendet.

Erstens: Wer von Harald Schmidts Gage reden will, sollte von den neun Millionen nicht schweigen, die Sabine Christiansen nach Brancheninformationen pro Jahr kassiert. Neun Millionen! Für eine frühere Stewardeß und heutige Mitinhaberin eines Hundefriseursalons ist das ein Haufen Geld. Wofür eigentlich? Dafür, daß der Gebührenzahler jeden Sonntagabend die beinahe immergleichen Gäste präsentiert bekommt? Was kann oder leistet Sabine Christiansen, die angeblich "mächtigste Frau im deutschen Fernsehen", wie auf ihrer Internetseite zu lesen ist? Die Schmeichelei des CDU-Politikers Friedrich Merz, der im Sommer 2003 vor laufender Kamera erklärte, ihre Sendung bestimme "die politische Agenda in Deutschland mittlerweile mehr als der Deutsche Bundestag", sagt alles über den Zustand der politischen Klasse und wenig über die Qualitäten Christiansens aus.

Zweitens: Warum erwähnt niemand lobend Schmidts Risikobereitschaft, überhaupt wieder mit einer regelmäßigen Sendung auf den Bildschirm zurückzukehren? Zu gewinnen hat der mehrfache Grimme-Preisträger schließlich nichts mehr, verlieren kann er alles, vor allem sein hohes Ansehen und den Thron im Olymp der gehobenen Fernsehunterhaltung. So gesehen sind die acht Millionen Euro für Schmidt eine fast schon angemessene Gefahrenzulage. 


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